piwik no script img

Archiv-Artikel

Biofleisch aus der Heide für Selbstabholer

Das Bundesforstamt in der Wahner Heide verkauft das ganze Jahr über Wildfleisch. Morgen lädt es Interessenten zum Tag der offenen Tür ein. Besonders im Herbst und Winter ist die Resonanz auf das regionale Direktvermarktungskonzept groß

VON CHRISTIANE MARTIN

Den Wildschweinen scheint es prächtig zu gehen in der Wahner Heide. Die warmen Sommer der letzten Jahre bescherten ihnen ihre Lieblingsspeise: Eicheln und Bucheckern in Hülle und Fülle. Die Folge: Die Wildschweine vermehren sich beinahe ungestört, und kein natürlicher Feind ist in Sicht, denn Wölfe und Bären gibt es hier schon lange nicht mehr.

Dafür aber Jäger, die die Population in Schach halten und regelmäßig eine bestimmte Anzahl von Tieren abschießen, um ein natürliches Gleichgewicht der Arten zu erhalten. Aber nicht nur Wildschweine tummeln sich in hoher Zahl auf den 4.000 Hektar Wald- und Heideflächen rund um den Köln-Bonner Flughafen. Auch Hirsche und Rehe gibt es hier mit jährlich großem Zuwachs, den die Jäger begrenzen müssen.

Wild für Biokostliebhaber

Da Grund und Boden der Wahner Heide dem Bund gehören, ist für die Forstwirtschaft, zu der auch die Jagd gehört, ein Bundesforstamt zuständig. Jörg Pape leitet seit zwanzig Jahren die hiesige Behörde: das Bundesforstamt „Wahnerheide“. „Da wächst einem die Gegend schon ans Herz“, gesteht der engagierte Forstmann, der eine nachhaltige Nutzung der Wildtierbestände propagiert und jetzt eine regionale Direktvermarktung des Wildfleisches ins Leben gerufen hat.

Die Zahl der abzuschießenden Tiere passt er den jeweiligen Bestandsgrößen an. Während die Zahl der Hirsche und Rehe in der Wahner Heide stabil ist, schwankt die der Wildschweine erheblich. „Letztes Jahr haben wir die scharf gejagt“, sagt Pape und meint damit eine überdurchschnittliche Abschussquote. Dieses Jahr werden es dann weniger sein. Im Durchschnitt schießen er und seine Kollegen 100 bis 150 Wildschweine pro Jahr, eben so viele Rehe und 25 Hirsche.

Jörg Pape bläst als Forstamtsleiter aber nicht nur zur Jagd, sondern auch ins Horn der gesundheitsbewussten Biokostliebhaber. Das Fleisch der wild lebenden Tiere sei besser als aus jeder Nutztierhaltung, sagt Pape. Schließlich sei deren Ernährung optimal ausgewogen. Ihr Leben lang haben Reh, Hirsch und Schwein in der Wahner Heide genau das gefressen, was sie brauchen. Medikamente oder Futterzusätze, die als Rückstände im Fleisch bleiben könnten, gibt es hier nicht. Stress, der sich ebenfalls negativ auf die Fleischqualität auswirken kann, kennen die Wildtiere weder zu Leb- noch zu Todeszeiten. „Transporte und Schlachthofatmosphäre bleiben ihnen erspart“, erklärt Pape.

Die Resonanz auf sein regionales Direktvermarktungskonzept ist entsprechend groß. Um das Wild nämlich unters Volk zu bringen, verkauft das Bundesforstamt das Fleisch neuerdings direkt an die Verbraucher. „Ein Metzger aus Bergisch Gladbach zerlegt die Tiere und liefert sie portioniert an das Bundesforstamt zurück, wo sie in einer großen Tiefkühltruhe gelagert und verkauft werden. Wir haben auch viele Bestellungen für Frischfleisch“, erzählt Pape, dessen Mitarbeiterinnen alle Hände voll zu tun haben, die Nachfrage der Wildfleisch-Interessenten zu befriedigen.

Preiswert im Sommer

Preislich will das Bundesforstamt sich dabei nicht von anderen Angeboten unterscheiden, denn die Konkurrenz aus den osteuropäischen Wäldern und von neuseeländischen Hirschfarmen ist groß. „Ein ganzes Reh in sechs Teile zerwirkt, bringt 10 Kilo Fleisch auf die Waage und kostet bei uns 70 Euro“, preist Pape sein Angebot an. Für tiefgefrorenes und portioniertes Wildfleisch zahlt man beim Bundesforstamt zwischen 10 und 32 Euro pro Kilo.

„Und im Sommer werden wir preiswerter“, verspricht der Bundesforstamtsleiter. Da die meisten Leute nur die konventionellen Wildzubereitungen kennen, sei Wildfleisch typische Saisonware für Herbst und Winter. Gejagt werde aber das ganze Jahr über. „Ein Wildschweinsteak vom Gartengrill ist sehr lecker“, schwärmt Pape und hofft, dass das einmal geweckte Interesse der Verbraucher auch in den wärmeren Jahreszeiten anhält.