piwik no script img

Archiv-Artikel

Der Bischof, ein schlechter Verlierer?

Den kirchlichen Segen für schwule und lesbische Paare wird es im niedersächsischen Oldenburg vorerst nicht geben. Gegen einen Beschluss des Kirchenparlaments legte der evangelische Bischof sein Veto ein. Jetzt tritt der erste Pfarrer aus

aus Bremen Eva Rhode

Jahrelang hat das schwule Theologenpaar Ubbo und Ben Khumalo-Seegelken um den Segen der evangelischen Kirche gekämpft. Im November war das Paar aus Huntlosen bei Oldenburg (Niedersachsen) dem Ziel schon ganz nah. 66 Delegierte evangelischer Gemeinden hatten im „Kirchenparlament“, der Synode, gerade einen Kompromiss verabschiedet: Wenn der Gemeindepastor es gestattet, können homosexuelle Paare auch den kirchlichen Segen bekommen. „Wenigstens etwas“, sagt Ubbo Khulamo-Seegelken. Doch vor wenigen Tagen legte der fünfköpfige Oberkirchenrat, quasi die „Regierung“, gegen diesen Beschluss sein Veto ein. Das erste Mal in der Geschichte der Oldenburgischen Kirche.

Einer Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften könne er nicht zustimmen, begründete Bischof Peter Krug diesen Schritt. Pastor Ubbo Khumalo-Seegelken will jetzt aus der Kirche austreten. Schon prüft ein Rechtsanwalt die dienstrechtlichen und finanziellen Folgen dieser Entscheidung.

„Mir reicht es“, sagt er. Der seit 1994 frühpensionierte ehemalige Krankenhaus-Seelsorger ist die Debatten über den Stellenwert homosexueller Liebe und ihrer Segnung leid. Der offen lebende Schwule stellt fest: „Die evangelische Kirche ist nicht mehr meine Heimat.“ Auch das Argument von der drohenden Spaltung über der Homosexuellen-Frage kann er nicht mehr hören. „Hier wird darüber weggesehen, dass unsere Kirche längst gespalten ist“, sagt er. Viele Lesben und Schwule würden doch wegen anhaltender Ausgrenzung die Kirche verlassen.

So wie der 64-Jährige nun selbst. Sein 53-jähriger Partner Ben sagt: „Nach wie vor werden Vorurteile gepflegt, die Bibel als Waffe gegen Menschen eingesetzt.“ Ausgerechnet die „Kirche der Reformation“ bleibe mit ihren Regeln hinterm Staat zurück, der die eingetragene Lebensgemeinschaft zugestehe.

Vor zwei Jahren haben die beiden Männer ihre Partnerschaft standesamtlich registrieren lasseen. Davor haben sie in eigener Sache einen Dankgottesdienst in der Huntloser Dorfkirche gefeiert. „Ja, in dieser Reihenfolge“, lacht der Ältere. „Andersrum ist nicht verkehrt.“ Ernster erklärt er: „Wir hatten die Gesetze zur eingetragenen Partnerschaft eigentlich früher erwartet. Die Feier war schon lange geplant.“ Dann ergänzt er, dass der Huntloser Gemeindepfarrer jetzt einen Beschluss herbeigeführt hat, wonach in seiner Gemeinde Homosexuelle nicht gesegnet werden können. Eine Entscheidung, die Lesben und Schwule in der Evangelisch-lutherischen Kirche in Oldenburg auch mit gültigem Synodalbeschluss akzeptieren müssten. „Darin bestand doch der Kompromiss“, sagt Seegelken-Khumalo. „In der Synode sitzt niemand, der Feuer und Flamme für die Homo-Ehe ist.“

„Ich bin selbst Gegner der Segnung“, bekennt der Dinklager Pastor Tim Unger. Dennoch habe er sich als Vorsitzender des Theologischen Ausschusses der Synode für den Segnungs-Kompromiss eingesetzt. Die Segnung schwuler oder lesbischer Paare den Gemeinden anheim zu stellen, sei ein einstimmiger Vorschlag gewesen. Die Synode habe mit einer zwei Drittel Mehrheit zugestimmt. Nach dem ablehnenden Votum des Oberkirchenrates jetzt sei die Frage, „wie man Gegner und Befürworter wieder zusammen bringt?“ 18 Monate sei der Kompromiss schließlich diskutiert worden. Eine andere Lösung sehe er nicht. Weswegen er im Mai bei der nächsten Synode eine Bestätigung des Kompromisses erwarte. „Aber vielleicht wird noch ein Halbsatz geändert.“ Ein früherer Vorschlag des Bischofs, wonach homosexuelle Paare seelsorgerlichen Beistand erfahren sollten, hält Tim Unger nicht für wegweisend. „Der seelsorgerliche Beistand versteht sich von selbst.“

Pastor Ubbo Seegelken hat unterdessen auch verstanden. Das Veto des Bischoffs deutet er als neuerlichen Angriff auf schwul-lesbische Parterschaften. Dafür spricht auch das bischöfliche Argument, wonach „die Einheitlichkeit kirchlichen Handelns“ durch „Einzelfallentscheidungen“ – über Segnungen oder nicht – gefährdet sein könnte. Denn der weiter gehende Beschluss, dass homosexuelle Paare wie heterosexuelle einen Anspruch auf Segnung in ihrer Heimatgemeinde hätten, sei nicht zu erwarten.