Globalisierung im Hellen

Was haben die Studentenproteste mit den Globalisierungskritikern zu tun? Ein „globalisierungskritisches Festival“ im Acud zeigt Filme aus aller Welt und gibt protestierenden Studis eine Bühne. Schließlich sitzt man im selben Boot

„Wir singen jetzt den Streikfrontsong“, hieß es am Donnerstagabend zum Auftakt der Globale 03, des ersten globalisierungskritischen Filmfestivals in Berlin. Die Kinoleinwand im Acud wurde von rund 20 streikenden Studenten verstellt, die mit Gitarren, Trommeln und lauten Stimmen die Aussage des nachfolgenden Filmes vorwegnahmen: Die globalisierungskritische Bewegung ist die Summe lokaler Einzelaktionen. Ob Kürzungen in Berlin oder Landraub in Indien – wir sitzen doch alle im selben Boot.

Die Idee zum Festival entstand vor einem knappen Jahr parallel in den Köpfen von einigen Attacis und Hans Habiger, dem Betreiber des Eiszeit-Kinos. Man vernetzte sich, wie sich das unter Globalisierungskritikern gehört, sammelte Unterstützer und Sponsoren und kann nun bis zum 10. 12. mit rund 60 internationalen Spielfilmen und Dokumentationen aufwarten. Begleitend finden zwei Partys und ein Streitgespräch zu nichtkommerziellen Filmen statt.

Solch fair gehandelte Filme, die im Rahmen des Festivals laufen, sind zum Beispiel der finnische Globalisierungsthriller „Raid“, der heute um 22 Uhr im Acud kommt und sich Verstrickungen und Verbrechen bei der Liberalisierung des finnischen Strommarktes vornimmt. Oder auch die Reportage aus Frankreich über die Geschäftsreisen eines IWF-Chefs zu den Regierungen der Länder, die sich um Kredite des Währungsfonds bemühen. Dieser Film ist am Montag um 22 Uhr im Eiszeit-Kino, dem zweiten Veranstaltungsort, zu sehen. Beide Filme sind persönliche Favoriten von Alexis Passadakis, der das Festival mitorganisiert und das Material im Voraus gesichtet hat.

Er springt im Acud in Mitte zwischen Büro und Kinosaal umher und taucht kurz darauf in Kreuzberg im Eiszeit-Kino auf. Es sei alles etwas stressig, merkt er an. Dafür ist der gute Wille überall zu spüren. „Wir wollen mobilisieren“, sagt er, und „jenen Leuten, denen Debatten zu langweilig sind, die Möglichkeit geben, sich trotzdem mit politischen Themen auseinander zu setzen“. Für eine Einführung in Migrationspolitik eignet sich beispielsweise die Dokumentation „Tarifa Traffic“, die Nachtaufnahmen eines Surferparadieses an der spanischen Küste zeigt, das nach Sonnenuntergang zur Anlegestelle für Flüchtlingsboote wird. Den Film zeigt das Acud morgen um 20 Uhr.

Das Mobilisierungs-Soll wurde schon am Donnerstagabend erreicht, beide Säle sind gedrängt voll, zumeist mit den üblichen Sympathisanten. Viele Studenten und einige wenige Ältere haben die 5 Euro für die Abendkarte oder 30 Euro für die Dauerkarte investiert. Es wird über die letzte Vollversammlung gesprochen – „Die war scheiße“ –, über die Unterstützung des Streiks – „Ich will mich da nicht so einsetzen, bin aber 100-prozentig dafür“ – und über Resolutionen des Asta – „Den Zusatz ‚Wir sind nicht für Kommunismus‘ haben sie wieder rausgenommen.“ Globalisierungskritische Studenten aller Länder, vereinigt euch. ANNA LEHMANN