: Menschenrechte stören die Karriere
Stellengesuch zum morgigen Tag der Menschenrechte: Ein UN-Hochkommissar. Geboten werden Streit und Ohnmacht
GENF epd ■ UN-Generalsekretär Kofi Annan sucht einen neuen UN-Hochkommissar für Menschenrechte. Das Amt ist vakant, seitdem der bisherige Hochkommissar Sergio Vieira de Mello am 19. August in Bagdad einem Attentat zum Opfer fiel – er war zugleich UN-Sonderbeauftragter für den Irak.
„Kofi Annan sollte jetzt schnell einen Nachfolger ernennen; der 10. Dezember als Tag der Menschenrechte wäre ein gutes Datum, um den Kommissar vorzustellen“, sagt Reed Brody, Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Und er äußert die Erwartung: „Der Neue muss den Mut haben, auch gegenüber mächtigen Regierungen die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern.“ Denn seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 kämen die Menschenrechte mehr und mehr unter die Räder. Russlands Feldzug in Tschetschenien werde mit unverminderter Härte durchgezogen, die chinesische Führung unterdrücke weiter grundlegende Freiheiten, und selbst die USA scherten sich um viele Rechte nicht mehr.
Dass es in Sachen Menschenrechte bei der UNO derzeit nicht zum Besten steht, wurde bei der diesjährigen Sitzung der UN-Menschenrechtskommission deutlich: Eine Emissärin des libyschen Diktators Muammar el-Gaddafi leitete das Gremium, Russland entkam einer Verurteilung, und über die Repression in China wurde im wichtigsten Menschenrechtsgremium der Welt erst gar nicht abgestimmt.
Die UN-Menschenrechtskommission und der Hochkommissar mit Sitz in Genf arbeiten eng zusammen, sie sind aber voneinander unabhängig. Der Kommissar hat keine reale Macht. Er wirkt über seine Persönlichkeit, wie die ehemalige irische Präsidentin Mary Robinson. Sie scheute sich nicht, den Mächtigen die Leviten zu lesen: In Moskau, Peking und Washington verfolgte man sie mit Argwohn. Schließlich musste sie auf Druck der USA gehen. Der neue Hochkommissar müsse das Vertrauen der Regierungen der großen Staaten haben, sagt Robert Archer, Direktor des International Council on Human Rights. „Nur mit Konfrontation kann niemand etwas bewirken.“
Annan handelte sich auf seine Anfragen schon sieben Absagen ein. Im Gespräch ist etwa der frühere französische Minister und UN-Verwalter für das Kosovo, Bernard Kouchner. Und der ehemalige Generalsekretär von amnesty international, Ian Martin.
Einige Stimmen fordern, eine Frau aus einem Entwicklungsland zu berufen. Es könnte aber auch der interimsweise amtierende Hochkommissar Bertrand Ramcharan werden. „Eines ist sicher“, sagte ein hochrangiger UN-Beamter, „zurzeit wollen die mächtigen Regierungen keinen starken Hochkommissar.“