Die Scheichs decken sich mit Großwaffen ein

Ein Plus von 38 Prozent: Der Nahe und Mittlere Osten sind die neuen Märkte für die Rüstungsindustrie

BERLIN taz | Die weltweit steigenden Waffenexporte finden vor allem im Nahen und Mittleren Osten neue Märkte. Um 38 Prozent ist der Export in diese Region in den Jahren 2004 bis 2008 im Vergleich zum Fünfjahreszeitraum zuvor gewachsen, teilte das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri am Montag mit.

„Wir haben in den vergangenen fünf Jahren ein Wiedererstarken des Mittleren Ostens als Hauptempfänger für konventionelle Waffen erlebt“, sagte Sipri-Forscher Pieter Wezemann. Zwar seien die Volumina der 1980er-Jahre noch lange nicht erreicht, doch bleibe dies ein Besorgnis erregender Trend.

Vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate rüsten auf: 34 Prozent aller Großwaffenexporte der Region gingen allein an Dubai, Abu Dhabi und Co, die damit neben Südkorea auf Platz drei der Hauptempfängerländer gelangten. Die Scheichs kaufen fast ausschließlich in den USA und Frankreich ein. Auch die Ausfuhr ins krisengeschüttelte und instabile Pakistan ist laut Sipri in jüngster Zeit stark gestiegen. 41 Prozent aller Lieferungen im untersuchten Zeitraum fanden allein 2008 statt – hauptsächlich aus den USA.

Insgesamt ist der Handel mit Kriegsgroßgerät laut Sipri in den vergangenen fünf Jahren gegenüber den Jahren 1999 und 2003 um 21 Prozent gewachsen. Die Stockholmer haben „erste Anzeichen“ gemessen, dass die globale Finanz- und Wirtschaftskrise dazu führt, dass Länder geplante Käufe verschöben oder ganz aufgäben. Stornierungen seien zwar zu erwarten, doch sei es insgesamt zu früh, die Auswirkung der Finanzkrise zu erkennen und zu bewerten.

China als größter Waffenimporteur der vergangenen zehn Jahre habe 2007 und 2008 sein Importvolumen bereits reduziert und steige auf Eigenbau um. Kein einziger Großauftrag für Kampfflugzeuge oder Kriegsschiffe sei in den vergangenen zwei Jahren an Russland ergangen.

Die Sipri-Daten werden international sehr ernst genommen, erfassen jedoch nur den Handel mit großem Kriegsgerät – vor allem mit Panzern, Kriegsschiffen, Kampfflugzeugen und U-Booten. Für Deutschland erstellt die Bundesregierung einen jährlichen Rüstungsexportbericht, der jedoch stets mit beträchtlicher Verzögerung herauskommt. Immerhin umfasst er aber auch den Handel mit „Kleinwaffen“, also Maschinengewehren und Ähnlichem sowie großenteils auch den Handel mit „Dual Use“-Gütern, die sowohl militärischen wie zivilen Zwecken dienen können.

Die Gründlichkeit der Erfassung durch die Bundesregierung wird dabei oft bezweifelt: So werde etwa der Wert der gebrauchten Leopard-Panzer, die in den vergangenen Jahren zu Hunderten in alle Welt geliefert wurden, nicht ausreichend bemessen, sagen Rüstungskritiker.ULRIKE WINKELMANN