: Sex, Lügen, Visum
Der britische Innenminister soll ein Visum ausgestellt haben, weil er seiner Ex-Affäre einen Gefallen tun wollte
Tony Blair hat noch „vollstes Vertrauen“ in seinen Innenminister David Blunkett: Er konzentriere sich auf die Themen, auf die er müsse, sagte Blair. Am Sonntag wurde die Konzentration des Innenministers allerdings beeinträchtigt. Er musste eine Untersuchung in eigener Sache einleiten. Eine Zeitung hatte behauptet, dass er Luz Casalme, dem philippinischen Kindermädchen der Herausgeberin des Spectator-Magazins Kimberly Quinn, ein unbefristetes Visum besorgt habe, um Quinn einen Gefallen zu tun. Er hatte mit ihr drei Jahre eine Affäre, die im August endete.
Staatssekretär Des Browne räumte ein, dass die Vorwürfe durchaus ernst seien, aber Blunkett habe in der für ihn typisch ehrenhaften Art gehandelt und eine Untersuchung angeordnet. „Der David Blunkett, den ich aus dem Unterhaus kenne, ist der, den jeder im ganzen Land kennt“, sagte Brown. Die Frage der Identität wäre also geklärt. Aber hat der David Blunkett, den alle kennen, das Visum beschafft? Er bestreitet das.
Blunkett wäre nicht der Erste, der wegen einer Visa-Affäre zurücktreten müsste. Bei ihm käme aber erschwerend hinzu, dass er eine Einwanderungspolitik betreibt, die sich selbst die Torys nicht getraut hatten. Er lässt Asylbewerber in Gefängnissen unterbringen, er hat Schnellverfahren zur Abschiebung eingeführt, und demnächst wird es Personalausweise mit biometrischen Daten geben, um die Einwanderung besser kontrollieren – und unterbinden – zu können. Bewiesen ist im Fall des umstrittenen Visums aber bisher gar nichts. Für die britische Presse ist die Mischung aus Sex, Promis, einem mächtigen Minister und zwei Kindern jedoch unwiderstehlich.
Blunkett kämpft vor Gericht um die Anerkennung der Vaterschaft des zweijährigen Quinn-Sohnes William sowie eines zweiten Kindes, das in wenigen Wochen geboren wird. Quinns Ehemann Stephen, Herausgeber der britischen Vogue, nimmt dagegen an, dass er der Vater ist. Ein Test soll Klärung bringen.
Die Behauptungen über das Visum wurden vom Sunday Telegraph aufgestellt, der den Torys sehr nahe steht. Der Bericht stützt sich auf E-Mails, die von Quinns Freunden an die Zeitung lanciert worden sind. Blunkett beschuldigte Quinn vorgestern, dass sie ihm schaden wolle. „Es macht mich sehr traurig“, sagte er, „dass jemand, für den ich so viel übrig hatte, meine öffentliche Position in Verruf bringen will.“ Dabei hat er das mit seiner Asylpolitik längst selbst geschafft.RALF SOTSCHECK