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Doppelstress mit Brahms

Die Bremer Philharmoniker wollen heute und morgen unter Lawrence Renes vier große Werke des Wagner-Antipoden zu Feuer und Zärtlichkeit erwecken

Außerordentlich war die Resonanz auf die Idee der Bremer Philharmoniker im vergangenen Jahr, die beiden traditionell aufeinander folgenden Abonnementskonzerte einmal anders zu konzipieren: als zwei verschiedene Konzerte, die einem Komponisten gelten. Alle fünf Klavierkonzerte von Beethoven wurden gespielt. Nach der guten Erfahrung soll die Idee nun eine Fortsetzung finden. Diesmal widmet sich das Ensemble Johannes Brahms.

„Für das Orchester ist das natürlich Doppelstress“, so Generalmusikdirektor Lawrence Renes. „Es muss in einer Woche zwei Konzerte einstudieren.“ Aber eine derart tiefe Beschäftigung mit einem so großen Komponisten entschädige dafür allemal. Johannes Brahms, den Renes zu den drei Großen aller Komponisten überhaupt zählt, war in seiner Zeit nicht unumstritten. Gegen die „Zukunftsmusik“ eines Richard Wagner, Hugo Wolf oder auch Franz Liszt, die ihre musikalischen Ideen zunehmend außermusikalischen Anregungen unterordneten, setzte er die Strenge der Immanenz: Seine Methode, alles aus einer Motivzelle zu entwickeln, veranlasste immerhin Arnold Schönberg 1933 zu seinem berühmten Aufsatz „Brahms the Progressive“, mit dem er sein eigenes, angefeindetes Komponieren legitimieren wollte.

„Was mich an Brahms so fasziniert, ist dieses unglaubliche Feuer und diese große Zärtlichkeit hinter dieser formalen Strenge“, sagt Renes. Da erinnert man sich auch gerne an den Jubel Robert Schumanns, der anlässlich des Besuches des 20-jährigen Brahms in Düsseldorf in seiner „Neuen Musikzeitung“ ausbrach: „Und er ist gekommen, an dessen Wiege Helden und Grazien Wache hielten!“ Der hymnische Artikel endet mit dem Ausruf: „Das ist ein Berufener!“

Alles heute Abend nachzuhören und zu erleben mit dem ersten, gewaltig romantischen Klavierkonzert in d-Moll und der vierten Sinfonie sowie am morgigen Dienstag mit dem leuchtenden zweiten Klavierkonzert in B-Dur und den noch strahlenderen Haydn-Variationen. Die Solisten sind Lars Vogt und Boris Berezovsky, „fantastische Kollegen“, so der Pianist Nikolaus Lahusen, der letztens Beethovens fünftes Konzert spielte.

Ute Schalz-Laurenze

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