: „Versammlungsrecht enger fassen“
Innensenator Ehrhart Körting plädiert für eine „Präzisierung“ des Versammlungsrechts, um Aufmärsche von Neonazis an historischen Daten und Orten eher verbieten zu können
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat angesichts zunehmender rechtsextremistischer Demonstrationen in der Stadt für eine Präzisierung des Versammlungsrechts plädiert. So sollten Aufmärsche von Neonazis untersagt werden können, die an historische Ereignisse oder Personen des NS-Regimes erinnern, sagte Körting am Freitag. Als Beispiele nannte er den Machtantritt Hitlers am 30. Januar 1933, als die Nazis ihren Sieg mit einem Fackelzug durch das Brandenburger Tor feierten, oder die Geburts- und Todestage von Nazi-Größen. Eine grundlegende Einschränkung des Demonstrationsrechts, wie sie von der CDU immer wieder gefordert wird, lehnte der SPD-Politiker aber ab.
Nach der bisherigen Rechtslage seien Verbote von Demonstrationen, die in Anknüpfung an historische Daten Gräueltaten bagatellisierten oder Opfer verhöhnten, nur „sehr schwer“ durchsetzbar, sagte Körting. Er trete deshalb dafür ein, die Regelungen „enger zu fassen“. Das sei möglich, ohne das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit auszuhöhlen, betonte der Verfassungsrechtler, der sich im Zuge der Föderalismusdebatte auch für eine Übertragung des Versammlungsrechts in die Kompetenz der Länder einsetzt.
Allerdings könnten nach Darstellung Körtings rechte Aufzüge wie der für Samstag in Treptow-Köpenick geplante damit nicht verhindert werden. Auch wenn er politisch an der Seite der Gegendemonstranten stehe, eine Demokratie müsse es ertragen, „dass Verfassungsfeinde öffentlich ihre Meinung äußern“, sagte der Senator. Das Bundesverfassungsgericht habe bewusst hohe Hürden für das Verbot einer Veranstaltung gesetzt, das nur bei strafbaren Inhalten wie Volksverhetzung möglich sei.
Bei allem Verständnis für Proteste gegen Neonazi-Aufmärsche sei die Versammlungsbehörde, die über ein mögliches Verbot oder Auflagen zu entscheiden habe, dem Prinzip der Neutralität verpflichtet.
Für sie dürfe es keine „politisch liebsamen oder unliebsamen Demonstrationen“ geben, sondern es gelte der Grundsatz der Gleichbehandlung. Jeder „Hauch einer Zensur“ sei auszuschließen, auch wenn es sich bei den Veranstaltern um rechtsextremistische Parteien oder Gruppierungen handele. TAZ, DDP