: „Mickey-Mouse-Mauer“ reicht
Eher unverdient siegt Leverkusen 2:1 gegen Wolfsburg. Die letzten Partien vor Weihnachten hatte Bayer-Coach Augenthaler als „Endspiele“ deklariert, um die Jahresendbilanz der Werkself zu schönen
AUS LEVERKUSEN ERIK EGGERS
Wer Franca in den vergangenen Wochen nach den Spielen mit gesenktem Blick davonschleichen sah, vermochte die strahlende Freude einzuordnen. Achtmal hat der 28-jährige Angreifer in Diensten Bayer Leverkusens für Brasilien gespielt, und nach den fantastischen Vorstellungen zu Saisonbeginn gegen die Bayern und Real Madrid wurde er gemeinsam mit Sturmpartner Berbatow gefeiert. Doch dann war er unversehens „in ein tiefes Loch gefallen“, wie sein Trainer Klaus Augenthaler befand.
„Es war ganz schwer, so lange Zeit auf der Bank zu sitzen“, sagte Franca, doch trotz des unerklärlichen Formtiefs habe er vorliegende Angebote ausgeschlagen, um sich bei Leverkusen durchzusetzen. Am Samstag hat er dazu einen Schritt in die richtige Richtung getan, als er kurz vor Schluss zum Matchwinner avancierte: Sein aufsetzender Kopfball in der 89. Minute sicherte seinem Klub doch noch den 2:1 (0:1)-Sieg im Werksduell gegen den VfL Wolfsburg. „Ein ganz wichtiges Tor war das für mich“, sagte Franca. „Er hat sich im Training nie hängen lassen“, lobte ihn sein Coach, „diesen Treffer hat er sich wirklich verdient“.
Von einem verdienten Sieg des Gastgebers wollte hingegen nach dieser Partie keiner sprechen. Die verbleibenden drei Hinrundenbegegnungen gegen Wolfsburg, Kiew und in Mönchengladbach hatte Augenthaler zuvor als „Endspiele“ deklariert, die gewonnen werden sollten, um die bisher enttäuschende Herbstbilanz und den zehnten Tabellenrang noch vor der Winterpause aufzubessern. Doch von einem finalen Charakter war zumindest am Samstag in der BayArena nichts zu spüren – vielmehr schienen sich die meisten Akteure in der Schlussviertelstunde bereits mit dem Remis abgefunden zu haben. Bis Franca, der erst in der 73. Minute für den erneut überzeugenden Woronin eingewechselt worden war, seine einzige Möglichkeit kalt verwertete. „Vielleicht wäre ein Unentschieden gerecht gewesen“, räumte Augenthaler ein, „aber im Fußball gibt es nun einmal keine Gerechtigkeit“. In der Tat hatte der glänzend organisierte Gast über weite Strecken das Spiel kontrolliert: Nach der frühen Führung per Kopf durch Klimowicz (4. Minute), der seinem Bewacher Roque Junior entfleucht war und von einem Freistoß vorbei an einer „Mickey Mouse-Mauer“ (Augenthaler) profitierte, hatte Leverkusen nicht ins Spiel gefunden. Berbatow, dem in Halbzeit Eins vier technische Fehler passierten, operierte am Rande der Lustlosigkeit; Mittelfeldregisseur Ponte wirkte übermotiviert und spielte eine Reihe von Pässe in den Rücken seiner Mitspieler; die Flügel Schneider, Babic und Freier drangen nicht durch (der angeschlagene Krzynowek wurde schmerzlich vermisst); und Kapitän Nowotny offenbarte einmal mehr, dass seine besten Tage der Vergangenheit angehören – nicht nur in der Szene, als ihm Hristov entwischte und beinahe zum 0:2 einköpfte.
Nicht das erste Mal in dieser Saison wendete sich das Geschehen indes nach der Pause, als Woronin nur 14 Sekunden nach Wiederanpfiff ein Zuspiel Berbatows kühl zum 1:1-Ausgleich verwertete. Doch auch danach konnte Leverkusen keine Dominanz ausüben und hatte einige Kontersituationen zu überstehen. Mut für das entscheidende Champions League-Spiel gegen Kiew machte der behäbige Auftritt am Samstag jedenfalls nicht. Unkonzentriertheiten wie am Samstag „dürfen uns am Mittwoch nicht passieren“, warnte Augenthaler. Andererseits: Die Aussicht, bei einem Sieg im Achtelfinale wieder einen ganz großen Gegner ins Visier nehmen zu können, hat einige Profis unter dem Bayer-Kreuz stets zu verblüffenden Taten motiviert. Insofern ist Mittwoch auch von Franca, so er denn spielt, einiges zu erwarten.