Mörder als Regierungschef?

Dem zum Regierungschef des Kosovo gewählten Ex-UÇK-Führer Ramush Haradinaj wird die Beteiligung an zahlreichen Morden und Entführungen zur Last gelegt

BELGRAD afp ■ Die Wahl des früheren Rebellenführers der Kosovo-Befreiungsarmee (UÇK), Ramush Haradinaj, zum neuen Regierungschef der unter UN-Protektorat stehenden südserbischen Provinz Kosovo sorgt weiter für Proteste. Schwere Beschuldigungen erhob am Sonntagabend der frühere serbische Justizminister Vladan Batić. „Nach unserer Statistik beging Haradinaj 67 Morde, ordnete 267 weitere an und organisierte die Entführung von 400 Menschen“, sagte der Oppositionspolitiker in Belgrad. In seiner Amtszeit als Justizminister zwischen 2001 und 2004 übergab Batić nach eigenen Angaben Dokumente über von Haradinaj begangene Verbrechen an das vom UN-Sicherheitsrat eingerichtete Tribunal zum ehemaligen Jugoslawien in Den Haag.

Das Parlament in Priština hatte den 35-jährigen Kosovo-Albaner Haradinaj am Freitag zum Regierungschef gewählt. Serbien wirft dem früheren UÇK-Kämpfer vor, Kriegsverbrechen während des Kosovo-Konflikts 1998 bis 1999 begangen zu haben. Am Samstag hatte Belgrad von der UN-Verwaltung im Kosovo Haradinajs Absetzung verlangt, was diese ablehnte. Der serbische Ministerpräsident Vojislav Koštunica sprach von einer „Provokation für alle, die nach einer friedlichen und dauerhaften Lösung für die Probleme im Kosovo suchen“. Es sei international bekannt, dass Haradinaj kriminell gewesen sei.

Serbische Gerichte haben Anklage in 108 Punkten gegen Haradinaj erhoben. Der Vorsitzende der Allianz für die Zukunft des Kosovo (AAK), der drittstärksten Partei in der Provinz, soll im Sommer 1998 an der Ermordung von 42 serbischen Zivilisten beteiligt gewesen sein. Außerdem ist die Rede von Verwicklungen in Waffenhandel und Schutzgelderpressung. Im November befragten Ermittler des Haager Tribunals Haradinaj zu den Vorwürfen.

Haradinaj gilt überdies als einer der Hauptdrahtzieher antiserbischer Pogrome im Kosovo, die seit Beginn der UN-Verwaltung nach Ende des von der Nato geführten Jugoslawienkrieges zur Flucht von mehr als 200.000 Serben und anderer ethnischer Minderheiten führten.