: Ende einer Dienstfahrt
Wer sein Privatfahrzeug dienstlich nutzt und dabei einen Unfall hat, kann den Arbeitgeber für die eigenen Schäden in die Pflicht nehmen. Viele Unternehmen sind darauf nicht vorbereitet
VON MAGDA SCHNEIDER
Die Nutzung privater Pkws oder Fahrräder für Dienstfahrten gilt in vielen Klein- und Mittelbetrieben als Selbstverständlichkeit – in manchen Branchen ist sie sogar Voraussetzung für einen Job. Der Betrieb zahlt in der Regel dafür eine Nutzungsentschädigung in Form eines Kilometergeldes. Mit der Selbstverständlichkeit ist es aber oft vorbei, wenn während der Dienstfahrt ein Unfall verursacht wird. Dann geht der Streit los, wer für den Schaden am eigenen Fahrzeug aufkommt.
Der Tag ist heiß und hektisch: Grafikerin Sibylle Klaus* ist trotz Nachtarbeit mit ihren Entwürfen in Verzug. „Die Druckerei wartet schon“, drängelt ihr Chef, „bis zwölf Uhr mittags müssen Sie die Druckvorlagen rumgefahren haben!“ Wie schon so oft bei Termindruck steigt Sibylle Klaus in ihren privaten Pkw. Und dann passiert es: Beim hektischen Rangieren auf dem ihr fremden Firmenparkplatz fährt sie gegen einen Poller. Das Heck ist zerdellt – bei ihrem nagelneuen Golf immerhin ein Schaden von 1.800 Euro. „Wenn Sie sich in Ihr Auto eine Beule fahren, ist das doch Ihr Problem“, versucht sich ihr Vorgesetzter aus der Verantwortung zu stehlen.
Doch so einfach ist es nicht. „Ein Arbeitgeber hat bei Dienstfahrten mit einem Privat-Pkw bei einem Unfall für Schäden aufzukommen“, sagt Volker Lempp, Justitiar beim gewerkschaftlichen Automobilclub Europa (ACE) , „zumindest teilweise, je nach Verschuldungsgrad.“ Es sei ein Irrtum zu glauben, dass derartige Ansprüche durch das Kilometergeld abgegolten seien. „Viele Detailfragen sind allerdings arbeitsgerichtlich noch nicht definitiv geklärt“, schränkt Lempp ein.
Der Grad der Entschädigung misst sich am Grad des Eigenverschuldens: Wenn eine gewisse „Fahrlässigkeit“ vorliegt, kann der Beteiligungsgrad auf 50 Prozent und weniger sinken. Das kann ein Telefonat mit dem Handy sein oder vorheriger Alkoholgenuss. Und frau sollte nicht gerade als Entschuldigung vorbringen, „ich bin von der Kupplung abgerutscht“, wenn zu ihren modischen Sommer-Accessoires Badelatschen gehören.
Ist das Eigenverschulden eher gering, der Schaden am eigenen Fahrzeug jedoch sehr groß, müsste ein Unternehmen tief in die Tasche greifen. Um sich vor solch horrenden Zahlungen zu schützen, rät Volker Lempp, MitarbeiterInnen, die regelmäßig ihren privaten Pkw betrieblich nutzen, zum Abschluss einer Vollkasko-Versicherung zu bewegen und diese zusätzliche Prämie aus der Firmenkasse zu zahlen. Lempp: „Solche Regelungen finden sich in einschlägigen Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.“
Beim Fahrrad gilt im Prinzip dasselbe: Auch bei einem Unfall mit einem Fahrrad auf einer Dienstfahrt muss grundsätzlich der Arbeitgeber für anfallende Schäden aufkommen – die allerdings meist geringfügiger ausfallen. Hier tritt aber ein ganz anderes Problem auf: In der Regel wird für ein Bike keine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die für Schäden des Unfallgegners aufkommt und für den Pkw obligatorisch ist. Und eine Privathaftpflicht „greift bei einer Dienstfahrt nicht“, sagt Christiane Lensch, Sprecherin der Allianz-Versicherung. „Die greift nur, wenn jemand in der Mittagspause mit dem Fahrrad zum Brötchen holen fährt und dabei eine Oma anfährt.“
Hier ist wieder das Unternehmen in der Pflicht: „Bei einer richtig angeordneten Dienstfahrt greift die betriebliche Haftpflicht, über die jeder Betrieb verfügen muss“, sagt Lensch.
*Name geändert