: Kartellamt will Holtzbrinck stoppen
Die Übernahme der „Berliner Zeitung“ bringe dem Konzern eine marktbeherrschende Stellung in der Stadt, sagen die Marktwächter. Sie sei unzulässig
aus Bonn PASCAL BEUCKER
Zweiter Anlauf gescheitert. Das ist die Botschaft, die der Präsident des Bundeskartellamts, Ulf Böge, dem Großverlag Holtzbrinck gestern mitzuteilen hatte. Denn auch nachdem die Stuttgarter sich formal vom Berliner Tagesspiegel getrennt haben, sieht es für sie in Sachen Übernahme des Berliner Verlags (Berliner Zeitung, Berliner Kurier, Tip) schwarz aus. Nach bisheriger Prüfung hält das Bundeskartellamt Vorhaben kartellrechtlich für „nicht genehmigungsfähig. Die Kontrolle über den Berliner Verlag führe zu einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Berliner Pressemarkt. Daher sei der Plan abgemahnt worden, so Böge. Eine endgültige Entscheidung steht aber noch aus.
Bereits vor einem Jahr, als der Tagesspiegel noch ganz offiziell Holtzbrinck gehörte, hatte das Kartellamt den Deal in einem ersten Verfahren scheitern lassen. Der Konzern griff danach zum Plan B: Man tue so, als habe man das Blatt an einen verdienten Mitarbeiter verscherbelt, und kriege die Berliner Zeitung doch noch. Der Versuch war zu plump: Das Bundeskartellamt geht weiter davon aus, dass der Tagesspiegel kartellrechtlich Holtzbrinck zuzurechnen ist. Dies ergebe sich bereits aus dem Kaufvertrag, der dem Konzern die Möglichkeit gebe, bis Dezember 2006 75 Prozent der Anteile zurückzukaufen. Eine dauerhafte Trennung sei also nicht beabsichtigt. Außerdem sei die vom Neueigentümer – dem früheren Holtzbrinck-Manager Pierre Gerckens – zu zahlende Summe „nur ein „strategischer Kaufpreis“. Schließlich müsse „die enge berufliche und persönliche Verbindung von Dr. Gerckens mit der Familie Holtzbrinck“ berücksichtigt werden. Auf die Frage, ob er denn in Gerckens nur einen Strohmann sähe, antwortete der Kartellamtspräsident diplomatisch: „Ich kann mich nicht erinnern, den Begriff Strohmann verwendet zu haben.“
Böges Argumentation geht aber weiter: Selbst wenn nicht von einer Zurechnung ausgegangen werden könnte, wäre der Erwerb des Berliner Verlags nicht genehmigungsfähig. Denn dann würde es „mit Holtzbrinck und Gerckens zu einem marktbeherrschenden Duopol“ kommen. Wettbewerb untereinander widerspräche aus Sicht der beiden „jeder kaufmännischen Vernunft“.
Der Kartellamtschef hatte kurzfristig zur Pressekonferenz geladen. Er begründete dies mit einem großen Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, das noch verstärkt worden sei, „seit in der Presse die geplanten neuen Regelungen zur Pressefusionskontrolle bekannt geworden sind und offenbar über den Zusammenhang beider Vorhaben spekuliert wird“. Auch wenn ihm seine Ablehnung der Pläne von Wirtschaftsminister Clement anzumerken war, wollte Böge dazu nicht öffentlich Stellung nehmen. Das Kartellamt urteile nur nach der geltenden Gesetzeslage: „Momentan ist das auf dem Tisch, was auf dem Tisch ist.“ Holtzbrinck hat bis zum 13. Januar Zeit für eine Stellungnahme. Die endgültige Entscheidung fällt das Bundeskartellamt nach dem 10. Februar.