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Archiv-Artikel

Keine billige Lösung

Welchen Sinn kann es für deutsche Schulen haben, sich wieder und wieder den Pisa-Prüfungen auszusetzen, wenn die aus den Ergebnissen gezogenen Konsequenzen darin bestehen, bei der Kindergartenversorgung, im Bereich Schule (Integration, frühzeitige Sprachförderung, Standorterhaltung u. a. m.) sowohl an finanziellen Mitteln als auch an Personal immer stärker zu sparen? Gibt es etwas Widersinnigeres? Wen wundert’s, wenn das Ausland uns mitleidig lächelnd dabei zuschaut, wie eifrig wir an dem Ast sägen, auf dem wir sitzen! M. FRANK, Hamburg

betr.: „Männer in Krabbelgruppen“, „Auf dem Holzpferd“, taz vom 1. 12. 04

Nach dem „Pisa-Schock“ hat man oft dem Sinne nach hören und lesen können, dass die deutschen Kinder in den Kindergärten dumm gehalten würden, indem mit ihnen zu wenig „richtig gelernt“ werde. Insofern finde ich es bemerkenswert, dass es „vorbildlich“ gelänge, „Betreuung, Bildung und Erziehung zu verbinden“, und ein deutscher Kindergarten sei glücklicherweise keine „verkappte Schule“.

Genau so habe ich das auch mit meinen Kindern erlebt: Die Erzieherinnen im Kindergarten haben sich mindestens so viel Gedanken um das ganzheitliche Wohlergehen und die – wiederum ganzheitliche – Entwicklung der Kinder gemacht wie Lehrer in den Schulen. Und die Studien, die sich auf die jüngeren Kinder als Pisa beziehen, scheinen ja auch zu bestätigen, dass in diesem Bereich die Probleme nicht so groß sind wie später. Und vielleicht hat das ja auch gerade damit zu tun, dass die Ausbildung der Erzieher viel praxisbezogener ist als die beispielsweise von Studienräten.

Es scheint mir eine Gefahr im Augenblick zu bestehen, dass im Übereifer gerade die wenigen positiven Aspekte in unserem Bildungswesen gekippt werden, z. B. die Praxisnähe der Erzieherausbildung und das Unverschulte an unseren Kindergärten. Herr Füllers Kommentar verstärkt meine Sorge diesbezüglich. Das ändert nichts daran, dass ich allen, nicht nur den Erziehern, eine bessere Ausbildung gönne; allerdings weniger in Richtung „Verwissenschaftlichung“ als dahin gehend, das eigene Handeln besser zu reflektieren. PETER MENGEL, Uelzen

Wie so oft stimme ich mit Ihnen in vielen Punkten vollkommen überein. Aber:

Ich glaube nicht, dass AkademikerInnen automatisch die engagierteren Erzieherinnen wären. Vielleicht sollte man die Erwartungen an Schulanfänger mal wie die „Bildungsstandards“ formulieren: kein Schulwissen vorwegnehmen, aber Fähigkeiten wie „fünf Minuten ruhig zuhören“, „sich selbständig anziehen“, „Deutsch verstehen und sprechen“, die Jahreszeiten kennen und von mir aus auch bis zehn zählen können. Solche Ziele können auch die heutigen Erzieherinnen verfolgen. Die haben (bei uns) schließlich auch vier Jahre ihren Beruf gelernt

Mit so vorbereiteten Kindern könnten die GrundschullehrerInnen in der ersten Klasse gleich wo ganz anders anfangen. Die Schulen müssten aber auch mehr Rückmeldung geben, aus welchen Kindergärten die „Chaoten“ kommen. Bei uns wird nur der Kopf über die Kinder geschüttelt, die nach drei Jahren Kindergarten noch nicht wissen, was ein „Waschbecken“ ist. Die ErzieherInnen werden nicht damit konfrontiert. Und wenn alles an den ach so schwierigen Kindern liegt, dann muss man eben die „Problemfälle“ im Betreuungsschlüssel doppelt zählen. Billiger bekommen wir die Bildungsprobleme nicht gelöst. U. NEHLS, Reutlingen