: Türkischer Premier rügt Union
Erdogan wirft CDU und CSU vor, die Debatte um den EU-Beitritt der Türkei innenpolitisch auszuschlachten. In Brüssel bereiten Außenminister den EU-Gipfel vor
BERLIN afp/dpa ■ Kurz vor dem EU-Gipfel in Brüssel hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Union wegen ihrer ablehnendem Haltung zu einem EU-Beitritt seines Landes angegriffen. „Leider scheint die Opposition in Deutschland zu glauben, mit unserem Beitrittswunsch könne man Innenpolitik machen“, sagte Erdogan der Bild am Sonntag. „ Dankbar“ sei er dagegen für die Unterstützung der Bundesregierung. CSU-Chef Edmund Stoiber bekräftigte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Eine von uns geführte Bundesregierung wird ab 2006 gemeinsam mit unseren Partnern, etwa Frankreich, alles unternehmen, damit die Türkei kein Vollmitglied der EU wird.“
Die Türkei werde von der EU an strengeren Maßstäben gemessen als andere Beitrittskandidaten, kritisierte Erdogan und formulierte seine Erwartungen an den Gipfel: Für die Türkei komme nur eine Vollmitgliedschaft in Frage, Ankara akzeptiere keine neuen politischen Forderungen, und Beitrittsverhandlungen müssten im ersten Halbjahr 2005 beginnen.
Zur Vorbereitung des EU-Gipfels am 17. Dezember treffen sich heute die 25 Außenminister in Brüssel. Sie werden über die Formulierung des Beschlusses über den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beraten. Zudem müssen sie sich mit Forderungen Zyperns auseinander setzen, das die völkerrechtliche Anerkennung durch die Türkei verlangt. Zudem soll die Türkei zum Abzug der Soldaten aus dem Nordteil Zyperns aufgerufen werden, den Ankara seit 1974 besetzt hält. Der griechisch-zyprische Präsident Tassos Papadopoulos ließ jedoch offen, ob er Beitrittsverhandlungen mit einem Veto blockieren würde.
Offen ist auch das Datum für den Verhandlungsbeginn. Sollten die Staats- und Regierungschefs grundsätzlich zustimmen, müssten die Gespräche gemäß einem früheren Beschluss „ohne Verzug“, also im ersten Halbjahr 2005 beginnen. In Brüssel heißt es aber, Frankreich wolle zunächst seine Volksabstimmung über die EU-Verfassung abwarten, damit diese bei den Wählern nicht mit der Türkeifrage verbunden werde. In Frankreich gibt es eine starke Opposition gegen einen EU-Beitritt der Türkei, den Staatspräsident Jacques Chirac jedoch befürwortet.