Kleiner Rentnerschock zu Silvester

Neues Detail der Gesundheitsreform: RentnerInnen müssen auf Direktversicherungen und Betriebsrenten höhere Abgaben für die Krankenkassen zahlen. Dadurch sollen 1,6 Milliarden Euro in die Säckel der Krankenversicherungen rollen

von ULRIKE WINKELMANN

Ein bisschen funktioniert die Gesundheitsreform wie eine Wundertüte voll böser Überraschungen: Es finden sich auch drei Tage vor ihrem Inkrafttreten noch neue – beziehungsweise neu wirkende – Gemeinheiten darin. Dies ist der schwer überschaubaren Menge an Einzel- und Detailmaßnahmen geschuldet, die nun nach und nach von Medien und Interessengruppen erkannt und bewertet werden.

Jüngstes Beispiel: Krankenkassenbeiträge auf Direktversicherungen – ein Thema, das das Wochenmagazin Focus nun hochgezogen hat. Wer über seinen Arbeitgeber eine Direktversicherung abgeschlossen hat und sich diese in einem Rutsch auszahlen lässt, muss gemäß Gesundheitsreform darauf künftig den vollen Krankenkassenbeitrag zahlen.

Laut Focus wird die Zahlung über zehn Jahre verteilt – ob dies obligatorisch oder wahlweise geschieht, konnte der Sprecher des Sozialministeriums gestern noch nicht sagen. Gemäß einer Focus-Beispielsrechnung zahlt ein Empfänger von 120.000 Euro Altersvorsorge bei einer Kasse mit 14,9 Prozent Beitragssatz darauf künftig 149 Euro Krankenkassenbeitrag monatlich und 17 Euro an die Pflegeversicherung. Das Ursprungskapital werde dadurch in zehn Jahren um rund 20.000 Euro geschmälert.

Mit dieser Regelung werden alle, die sich die volle Summe ihrer Betriebs-Direktversicherung auszahlen lassen, mit denen gleichgestellt, die eine Monatsrenten-Auszahlung vereinbart haben. Denn künftig wird auf alle Betriebsrenten und Versorgungsbezüge, die über den Arbeitgeber laufen, der ganze, nicht mehr nur der halbe Kassenbeitrag (gegenwärtig also im Schnitt 14,4 statt 7,2 Prozent) fällig. Dies gilt auch für Alterseinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit – ehemalige Angestellte mussten hier wie für ihre Betriebsrenten bislang nur den halben Kassenbeitrag zahlen, während „nur“ Selbstständige immer schon den vollen Beitrag zahlten.

Grob gesprochen, wird also für alle, die via Betrieb und Pensionskasse zusätzliches Altersgeld bekommen, der Kassenbeitrag verdoppelt. Hiervon betroffen sind gegenwärtig rund vier Millionen Menschen, fast ein Viertel aller RentnerInnen. Es sind eher die besser gestellten Rentner – Pensionäre sind sowieso „besser gestellt“ –, weil nur sie in aller Regel über Zusatzbezüge zur gesetzlichen Rente verfügen. Diese Gruppe muss nun im Schnitt rund 40 Euro im Monat zusätzlich bezahlen. Dadurch sollen laut Finanzplan der Gesundheitsreform, die im Sommer zwischen Regierung und Opposition ausgehandelt wurde, rund 1,6 Milliarden Euro im Jahr zusammenkommen.

Das Gesamtvolumen der Reform beträgt im Jahr 2004 zehn Milliarden Euro, im Jahr 2007 über 23 Milliarden Euro. Bei wem das Geld geholt wird und welche Auswirkungen das Spar- und Regelungspaket noch hat, wird sicherlich auch im kommenden Jahr für weitere unangenehme Überraschungen sorgen: Erschöpft hat sich die Wundertüte Gesundheitsreform noch nicht.