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Archiv-Artikel

Wider die Manipulateure

Was die taz mit Rudi Dutschke zu tun hat – aus Anlass des 25. Todestages an Heiligabend

Das erste „Rudi-Dutschke-Haus“ gab es bereits 1988 in Berlin – aber nur für kurze Zeit: auf dem „Kubat-Dreieck“, einem Mauergrundstück am Potsdamer Platz. Dieses Grundstück hatte die DDR an den Westen verkauft. Es wurde daraufhin von linken Jugendlichen besetzt, die sich bei der Räumung des Geländes durch Westberliner Polizei über die Mauer in den Osten absetzten. Ihr „Dutschke-Haus“ sollte an die Kontinuität des Widerstands von der internationalen 68er-Studentenbewegung bis zu den Kreuzberger Autonomen erinnern.

Die Benennung des 1987 gekauften und umgebauten taz-Verlagshauses in der Kochstraße vis-à-vis dem Springer-Verlag in „Rudi-Dutschke-Haus“ erfolgte zu Ostern 1993 – und gemahnte eher an die „Anti-Springer-Kampagne“ des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) 1967, mit der „die Macht der Manipulateure“ gebrochen werden sollte, das heißt vor allem die bösartige Verhetzung der von Studenten ausgehenden Außerparlamentarischen Opposition durch Bild und BZ. Während deren antiautoritäre Fraktion dabei mit Herbert Marcuse an ein Aufreißen des Manipulationszusammenhangs mit den Mitteln der Kritik und der Aufklärung dachte, ging es den „Moskowitern“ um eine ebenso faktische wie formelle „Enteignung“ – primär des Axel-Springer-Verlags.

Beide Aktivitäten mündeten in das Konzept „Gegenöffentlichkeit“, wobei „die Linken“ eher an viele kleine Zeitungen dachten, während „den Rechten“ eine große Gegenzeitung vorschwebte – möglichst mit finanzieller Unterstützung unter anderem von den linksliberalen Verlegern Rudolf Augstein und Gert Bucerius. Zunächst schienen sich dabei die Ersteren durchzusetzen: Es entstanden jedenfalls in den Städten immer mehr kleine Zeitungen und Zeitschriften. Aber mit der als „Gleichschaltung“ begriffenen „Terroristenhetze“ der bürgerlichen Presse im „Deutschen Herbst“ 1977 kam erneut die Idee einer einigenden linken Tageszeitung auf – und während der Vorbereitung auf den Berliner „Tunix-Kongress“ Anfang 1978 bildete sich dazu auch eine antiautoritäre sowie eine moskowitische Initiative. Letztere war schneller, hielt jedoch nicht durch. Während Erstere den mühsamen Weg der Umwandlung lokaler Zeitungsinitiativen zu Lokalredaktionen einschlug. Daraus ging 1979 die taz hervor. Sie war jedoch kaum noch personell identisch mit der einstigen „Anti-Springer-Kampagne“. Deswegen wurde die Benennung des Gebäudes in der Kochstraße zum „Rudi-Dutschke-Haus“ von der Belegschaft auch als anmaßend empfunden, was die Kulturredaktion dadurch zum Ausdruck brachte, dass sie ihre Räume als „Oswald-Kolle-Etage“ bezeichnete.

Schon vorher hatte es eine Erbepflege gegeben: Indem der Konferenztisch des sozialistischen Anwaltskollektivs, der dann als Frühstückstisch der Kommune 1 fungiert hatte, in der taz-Kantine aufgestellt wurde – bis ihn Hausbesetzer nach der Wende „entführten“, um ihn wenig später zu verbrennen.

Etwa gleichzeitig schickte die taz 1991 einen Reporter nach Luckenwalde, wo er herausfinden sollte, was man von dem dort geborenen und aufgewachsenen Rudi Dutschke halte. Außerdem intensivierten sich seitdem die taz-Kontakte zu der in den USA lebenden Familie des Ende 1979 gestorbenen Studentenführers – bis dahin, dass sein Sohn Marek seit 2003 für die taz schreibt.

Am Rudi-Dutschke-Haus befindet sich die einzige Gedenktafel Berlins, die Dutschke würdigt: „Am 11. April 1968 wurde Rudi Dutschke von einem Rechtsradikalen auf dem Kurfürstendamm angeschossen. Am selben Abend demonstrierte in der Kochstraße die Außerparlamentarische Opposition. Mehrere tausend Menschen versuchten, die Auslieferung jener Tageszeitungen zu verhindern, in denen die Bewegung und die Person Rudi Dutschke denunziert wurden. Aus der Einsicht in die Notwendigkeit einer alternativen Öffentlichkeit entstand 1979 die tageszeitung. Rudi Dutschke starb am 24. 12. 1979 in Aarhus an den Spätfolgen des Attentats.“ HELMUT HÖGE