Instant Karma

Wer heute eine Stiftung gründet oder einer Stiftung Geld gibt, kann über Jahrhunderte Gutes tun. Das zeigen historische Beispiele. Hamburg nennt sich Deutschlands Stiftungshauptstadt

von Gernot Knödler

Was ist schon für die Ewigkeit? Den wenigsten ist es gegeben, unsterbliche Werke der Musik und Dichtkunst zu schaffen oder Staaten zu gründen. Doch auch für sie gibt es, eine gewisse Liquidität vorausgesetzt, einen einfachen Weg, jahrhundertelang zu wirken: die Stiftung. Hamburgs älteste Einrichtung dieser Art ist 1227 gegründet worden, dem Jahr der Schlacht von Bornhöved, mit der deutsche Fürsten und Hamburger Bürger die 26-jährige Herrschaft der dänischen Herzöge über die Stadt beendeten. Über die Jahrhunderte hinweg hat das Hospital zum Heiligen Geist alte Menschen betreut und tut es noch heute.

Mehr als 900 der 8.400 deutschen Stiftungen haben ihren Sitz an Alster und Elbe. „Hamburg ist Stiftungshauptstadt“, sagt Birgit Geigle, die in der Finanzbehörde für Stiftungsangelegenheiten zuständig ist. Seit 2002 sind jeweils 40 bis 50 hinzu gekommen. Die Rechtsreform in diesem Jahr habe „bundesweit einen Stiftungsboom ausgelöst“, sagt Geigle. Dabei seien die Zahlen bereits in den 90er Jahren mit ihren hohen Aktiengewinnen hoch gewesen.

Stiftungen sind von der Körperschafts-, Schenkungs- und Erbschaftssteuer befreit. Bis zu fünf Prozent des Jahreseinkommens können als Beitrag zu einer Stiftung (Zustiftung) von der Steuer abgesetzt werden. Meist sei das Geld sozialen Zwecken gewidmet, oft aber auch der Förderung von Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur sowie der Bildung. Nicht immer steuervergünstigt sind beispielsweise Familienstiftungen, die etwa den Zusammenhalt der Familie fördern oder, wie bei der Vorwerk-Stiftung, sicherstellen sollen, dass der Nachwuchs aus der Familie das Unternehmen leitet.

Die Motive der Stifter seien vielfältig, sagt Matthias Schwark von der Patriotischen Gesellschaft, die zwar selbst keine Stiftung ist, aber seit 1765 bürgerschaftlichem Engagement einen Rahmen gibt. Viele stifteten, weil sie ihren Namen über den Tod hinaus erhalten wollten. Andere, weil sie vermeiden wollen, dass ihr gesamtes Vermögen den Erben zufällt, und sie zu Lebzeiten selbst darüber verfügen können. Wieder andere, um die Welt zu verbessern. „Die Zwecke stehen im Vorgdergrund, nicht der Nachruhm“, weiß Geigle aus ihren Erfahrungen mit Stiftern.

Klar zu Tage tritt dieser Effekt bei Modellen wie der vor fünf Jahren gegründeten Greenpeace-Umweltstiftung. Während Greenpeace e.V. die eingenommenen Spenden spätestens nach zwei Jahren ausgegeben haben muss, kann die Stiftung Geld horten, arbeiten lassen und mit dem Ertrag Projekte finanzieren. Ein Beispiel aus Norddeutschland hierfür ist der Tierpark „Arche“ Warder zwischen Bordesholm und Rendsburg. Hier werden 130 alte Nutztierrassen vor dem Aussterben bewahrt. Zwar hat die moderne Landwirtschaft für diese Tiere keine Verwendung mehr. Um die Degeneration ihrer Hochleistungsrassen zu stoppen und ein Massensterben bei neu auftretenden Seuchen zu verhindern, ist sie jedoch auf das genetische Material der alten Rassen angewiesen.

Die Greenpeace-Stiftung hat inzwischen knapp 90 Stifter und ein Kapital von 1,8 Millionen Euro. Der typische Stifter sei zwischen 40 und 60 Jahre alt, stehe voll im Beruf und sei auch ansonsten engagiert, sagt Stiftungsvorstand Melanie Stöhr. „Es sind Menschen, denen es wirtschaftlich gut geht und die bereit sind, etwas abzugeben.“

Viele der alten Stiftungen tauchen in Hamburg als „Stifte“ im Stadtplan auf, etwa das Schröderstift oder das Nyegaard-Stift in der Max-Brauer-Allee. Sie sollten Armen oder Verarmten aus den besseren Kreisen billige Wohnungen verschaffen. Dabei boten die Wohnstifte des 19. Jahrhunderts im Gegensatz zu den Mietskasernen von damals viel Licht, Luft und eine grüne Umgebung.

Hamburg ist Sitz vieler bekannter und großer Stiftungen, etwa der Zeit- oder der Körber-Stiftung. Die Stadt ziehe viele Stifter an, „weil die Stiftungsaufsicht einen guten Ruf genießt“, sagt Sven Meyer von der Patriotischen Gesellschaft. Auch die Stiftungen von Boris Becker und Steffi Graf seien hier beantragt worden. Meyer hat ein Buch über Stiftungen in Hamburg betreut: Bürger und Gesellschaft, herausgegeben vom Initiativkreis Hamburger Stiftungen und der Senatskanzlei, Konvent-Verlag 2003, 25 Euro.