: Funkstille statt Staatspleite
LETTLAND Dem staatlichen Rundfunk droht die Einstellung des Sendebetriebs
Das Toilettenpapier müssen sich die JournalistInnen seit einiger Zeit von zu Hause mitbringen. Den Etatposten dafür hat der staatliche Rundfunk Lettlands gestrichen. Und spätestens im September droht die Einstellung des gesamten Sendebetriebs. Wie alles, was in Lettland staatlich finanziert ist, wurde auch der Rundfunk von massiven Budgetkürzungen getroffen. Erst sollte man „nur“ mit 33 Prozent weniger Geld als 2008 klarkommen. Doch nach dem letzten Bescheid der Regierung müssen jetzt weitere 40 Prozent gespart werden. Nur wenn das Defizit des Staatshaushalts in Grenzen gehalten wird, fließen im Juni die nächsten Raten von EU und Internationalem Währungsfonds, damit Lettland nicht den Staatsbankrott anmelden muss.
Für die Rundfunkangestellten bedeutete das zunächst eine 30-prozentige Lohnsenkung und Streichungen beim Budget für Dienstreisen um 80 Prozent. Vor einigen Wochen wurden alle JournalistInnen verpflichtet, jede Woche einen Tag unbezahlten Urlaub zu nehmen. Eine weitere Kürzung der Löhne wurde angekündigt. Vor dem Kulturausschuss des Parlaments rechnete Programmdirektor Armins Ronis letzte Woche vor, dass die Löhne der Radioangestellten um 63,5 Prozent geschrumpft seien und sie im Schnitt nur noch umgerechnet 390 Euro verdienen.
Laut Radiochef Dzintris Kolats fallen 70 bis 80 Prozent der aktuellen Informationsprogramme aus und würden durch Wiederholungen oder Musiksendungen ersetzt. Eine Alternative dazu, dass ab Herbst nur noch die Privaten senden, sei eine Einstellung von drei der vier Radioprogramme. Oder eine Fusion mit dem staatlichen Fernsehen. Das hat ebenfalls eine Einstellung des Sendebetriebs für seine beiden Kanäle angekündigt. Falls sein Budget tatsächlich um weitere 40 Prozent gekürzt wird. REINHARD WOLFF