: Nicht non-stopp aus Peine
Die Abschiebung der vietnamesischen Familie Van aus dem Kirchenasyl beschäftigt jetzt die Staatsanwaltschaft
Den Vans hilft es wohl nichts mehr. Die vor gut zwei Wochen aus dem Kirchenasyl in Peine abgeschobene Familie lebt jetzt mehr schlecht als recht mit ihrem autistischen Kind in Vietnam. Dennoch hat der niedersächsische Flüchtlingsrat Strafanzeige gegen den für die Abschiebung zuständigen Amtsleiter des Landkreises eingereicht. Der Vorwurf: Der Mann habe sich als „Herr des Verfahrens“ wissentlich über Beschlüsse der Oberverwaltungsgerichte hinweggesetzt und sich dabei der Körperverletzung im Amt und der Misshandlung Schutzbefohlener schuldig gemacht.
Der Fall der Vans, die 13 Jahre in Deutschland lebten, hatte nicht nur in Peine für Empörung gesorgt. Die niedersächsischen Grünen hatten Innenminister Uwe Schünemann (CDU) im Landtag vorgeworfen, die Vans in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ abgeschoben und damit zum ersten Mal seit vier Jahren das Kirchenasyl in Niedersachsen verletzt zu haben.
„Mit der Abschiebung habe der Landkreis „eklatant gegen die Vorgaben der Verwaltungsgerichte“ verstoßen, heißt es in der Anzeige des Flüchtlingsrats. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hatte am 6. Dezember die Abschiebung befürwortet, wenn – wie von den Amtsärzten empfohlen – die Vans „mit einem Non-Stopp-Flug in Begleitung eines Arztes und Sanitäters unter Einrichtung einer Patientenkabine“ aus Deutschland ausgeflogen würden.
Ein Non-Stopp-Flug nach Vietnam hätte nur in einer eigens gecharterten Maschine durchgeführt werden können, hatten Recherchen des Landeskriminalamtes ergeben. Kostenpunkt: 80.000 Euro. Das war den Behörden wohl zu teuer. Die Vans wurden per Sammelabschiebung mit mehrstündiger Verzögerung über Singapur nach Vietnam gebracht. Die Schwester des autistischen Jungen hatte in einem Fax aus Vietnam berichtet: „Obwohl uns eine Kabine im Flugzeug versprochen wurde, damit Minh Duc sich frei bewegen könnte, bekamen wir – so wie jeder andere – enge Plätze. Nach mehreren Stunden im Flugzeug wurde meinem Bruder übel. Minh Duc musste sich übergeben und bekam mehrere Male Nasenbluten und Wutausbrüche.“ Die begleitende Ärztin habe ihrem Bruder „nicht geholfen“.
Das Vorgehen der Behörden sei „in keiner Weise“ zu beanstanden, hatte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) die Abschiebung vergangene Woche im Landtag verteidigt. Von der „Möglichkeit“, eine Patientenkabine für den Flug zu nutzen, habe man abgesehen, weil das die Bewegungsfreiheit des Kindes eingeengt hätte.
Die Staatsanwaltschaft Hildesheim bestätigte den Eingang der Anzeige, leitete aber inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen die Peiner Superintendentin Christa Gerts-Isermeyer und den Pastor Frank Niemann ein, die die Vans vor der Abschiebung bewahren wollten. Die Staatsanwaltschaft prüfe, ob ein Anfangsverdacht wegen „Behinderung der Staatsgewalt“ vorliege. Währenddessen kündigte Pastor Niemann an, dass während der Weihnachtsgottesdienste weiter Spenden für die Vans gesammelt werden sollen. KAI SCHÖNEBERG