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Archiv-Artikel

Nazi-Ideologen im Fraktionsbüro

Seit der Landtagswahl zieht die NPD in Sachsen führende Parteistrategen zusammen. Sie entwerfen als Mitarbeiter der Landtagsfraktion im Hintergrund politische Konzepte für das Musterländle der Rechtsextremen – finanziert vom Steuerzahler

AUS DRESDEN MICHAEL BARTSCH

Die Namen sind dem Verfassungsschutz längst bekannt. In den Büros der sächsischen Landtagsfraktion sammelt die NPD Personal aus den westlichen Bundesländern, im Vergleich zu dem einige der eigentlichen Mandatsträger geradezu harmlos erscheinen. Als Geschäftsführer oder wissenschaftliche Mitarbeiter müssen sie nach dem Wahlerfolg der Extremisten vom Steuerzahler finanziert werden.

Fraktionsgeschäftsführer Peter Marx aus dem Saarland etwa war schon 1990 einer der Geburtshelfer der NPD in der noch bestehenden DDR. Der clevere Rechtsanwalt trat auch danach häufig als Redner in Sachsen auf. Vor allem aber zieht er hinter den Kulissen die Strippen in der Fraktion, wenn es um die Ausnutzung aller rechtlichen Optionen und Geschäftsordnungstricks geht.

An seiner Seite wird derzeit Ulrich Eigenfeld als künftiger Fraktionsgeschäftsführer eingearbeitet. Denn Marx will sich im Frühjahr wieder an die Saar zurückziehen. Der 55-jährige Eigenfeld ist Landesvorsitzender der NPD in Niedersachsen und Bundesgeneralsekretär seiner Partei, deren Bundestagswahlkampf er 1998 leitete. Im Juni 2001 kandidierte er im sächsischen Sebnitz als Bürgermeister und erhielt dort 7,6 Prozent der Stimmen. Freien Kameradschaften gilt er als nicht radikal genug. Sie verdächtigen ihn sogar, Spitzel des Verfassungsschutzes zu sein.

An Radikalität mangelt es anderen Fraktionsmitarbeitern nicht. Karl Richter aus Bayern etwa kam über die Burschenschaft Danubia zu den Republikanern, die ihn 1990 allerdings wegen parteischädigenden Verhaltens ausschlossen. 1995 verurteilte ihn das Amtsgericht Coburg wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe. Jüngst hatte er als Komparse im Hitler-Film „Der Untergang“ Gelegenheit, ganz legal den Hitlergruß zu zeigen.

Der studierte Historiker Richter ist für diverse rechtsextreme Blätter publizistisch tätig. Er gilt als einer der führenden Ideologen der Szene. Als solcher sieht er im NPD-Einzug in den Sächsischen Landtag „womöglich den Beginn einer bundesdeutschen Zäsur“ und will die Fraktion zu einer „rechten Denkfabrik“ entwickeln. Wie Richter denkt, zeigt ein Tagungsbericht der „Deutschen Akademie“: Da entwirft er die Vision, dass „von einem herrschaftsfähigen deutschen Reichsvolk ausgehend“ ein neues Reich entstehen könnte.

In derselben Akademie, in der die NPD ihren intellektuellen Nachwuchs schult, breitete auch der Diplom-Ökonom Arne Schimmer seine kapitalismuskritischen Thesen aus. Schimmer analysiert die inhumanen Folgen der Globalisierung. Seine krausen Schlüsse laufen allerdings auf Verstaatlichungen und eine „nationale Marktwirtschaft“ hinaus: Theorien, mit denen sich nach eigenem Bekunden jetzt auch Ministerpräsident Georg Milbradt auseinander setzt, um bei Debatten kontern zu können.

In der NPD-Landtagsfraktion hat auch Andreas Molau Asyl gefunden – ein ehemaliger Waldorfschullehrer, der wegen seiner völkischen Publikationen entlassen wurde. Der frühere RAF-Anwalt und einstige NPD-Aktivist Horst Mahler nahm seinen Fall zum Anlass eines Racheartikels. Darin kündigt er der Waldorfbewegung an, dass sie überall „in den Bereich unserer Waffen gerät und wir ihre Schülerschaft in eine geistige SS-Division zum Schutz der Deutschen Volksseele umformen werden“.

Bleiben noch der amtierende Bundesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten (JN), Stefan Rochow, und sein Vorgänger Sascha Roßmüller. Roßmüller gilt innerparteilich als Radikaler. Ein anderer Sascha namens Wagner aus Herzogenrath, gleichfalls im JN-Bundesvorstand und ehemaliger Chefredakteur der Nazirock-Zeitschrift „Neue Doitsche Welle“, steht als persönlicher Mitarbeiter des Abgeordneten Alexander Delle in der Riesaer „Deutschen Stimme“ sozusagen in Warteposition.

Der gebürtige Schwede Per Lennart Aae, Leiter des Wirtschaftsarbeitskreises der NPD, ist als Anmelder der Demonstrationen gegen die Wehrmachtsausstellung bekannt geworden. Von den Republikanern übergewechselt ist deren ehemalige sächsische Landesvorsitzende Kerstin Lorenz. Sie ist nunmehr „Bürgerbeauftragte“ der NPD-Fraktion.