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Archiv-Artikel

„Genug Platz ist ja da“

BRACHE Ein Künstlerkollektiv hat sich auf dem Gelände hinter dem Güterbahnhof niedergelassen. Die Grünen finden es „klasse“, die BIG überlegt, ob sie bleiben dürfen

„Wir finden das klasse“

Klaus Möhle, Die Grünen

Von Christian Jakob

Sie sind wohl die ersten, die sich für das Niemandsland zwischen B75, Güterbahnhof, Findorff und Walle interessieren. „Querlenker“ nennt sich die Gruppe von „Künstlern, Pädagogen und Handwerkern“, die in der letzten Woche ihre bunten LKWs auf die Brachfläche gebracht hat. Und wenn man sie lässt, dann wollen sie dort „auf der Grundlage mobiler Lebens- und Arbeitsräume eine Kulturwerkstatt aufbauen“. So steht es in dem Nutzungskonzept, dass sie an den Eigentümer des Geländes, die staatliche Bremer Investitionsgesellschaft (BIG) geschickt haben.

Vor zwei Jahren haben sich die zehn jungen Leute zusammengefunden und nach einem Platz gesucht. Verhandlungen mit der Zwischennutzungsagentur „Landlotsen“, die für die BIG die Überseestadt beleben soll, seien ohne Erfolg geblieben: „Da hat man uns signalisiert: das soll kommerziell erschlossen werden“, sagt Karin, eine Automechanikerin. Auch bei dem Esso-Gelände in Walle seien sie nicht weiter gekommen. „Dann haben wir entschieden, wir stellen uns jetzt einfach mal hierhin.“

Der Platz hinter dem Güterbahnhof, in zentraler Lage, mit leerstehenden Gebäuden, sei „schon gar nicht schlecht“, sagt Karin. „Stadtteilarbeit, Kulturworkshops, Schweißkunst“, solche Dinge haben sie vor. Nichts, was es nicht schon gäbe, aber: „Es gibt so viele Brachflächen in der Stadt und die sollten genutzt werden.“ Karin glaubt, dass sie damit offene Türen einrennen: „Als wir am Wochenende ein Open-Air-Kino veranstaltet haben, da waren gleich sechzig Leute da.“

Der Strom dafür kommt aus Solarplatten auf den LKWs. Die beiden Wagenplätze in Bremen, nahe dem Unisee und in Lesum, seien für ihr Projekt nicht in Frage gekommen, „die waren schon voll“. Geld bezahlen, so sagen sie, würden sie für den Platz auch, „solange die keine Unsummen wollen“. Ein- bis zweimal am Tag komme die Polizei vorbei, die seien aber „relativ okay“.

Bei der BIG sieht man die Sache gelassen. „Wir befinden uns mit den Leuten im Gespräch um eine geeignete Lösung für ihren Verbleib zu finden“, sagt BIG-Sprecherin Juliane Scholz. Diese stünden allerdings noch „ganz am Anfang, die sind da ja gerade erst hingekommen“. Andere Pläne für eine Nutzung des Geländes habe die BIG ohnehin nicht. „Und solange es keine anderen Ansprüche gibt, ist auch die Zeit da, das in Ruhe zu besprechen.“ In der nächsten Woche werde zwar der Kirchentag einen Teil der Fläche nutzen. Den sollten die „Querlenker“ nicht stören, doch dass „steht auch nicht zu befürchten, genug Platz ist ja da“, sagt Scholz. Nach Angaben von Kirchentagssprecher Joachim Lau ist allerdings lediglich die „Gleishalle“ angemietet worden.

Rückendeckung bekommen die „Querlenker“ von den Grünen. „Als Zwischennutzung ist das ziemlich spannend“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bürgerschaftsfraktion Klaus Möhle, der vom Senat in den Aufsichtsrat der BIG entsandt wurde und selbst auf einem Wagenplatz lebt. Das Konzept der Gruppe sei „klasse“, vor allem, weil im Bereich des Güterbahnhofs auch andere Kulturinitiativen angesiedelt seien – und das Gelände „bestimmt schon 100 Jahre leersteht“. Rechtliche Hürden sieht Möhle nicht: „Warum soll das nicht gehen? Über Zwischennutzungsverträge kann man einiges machen.“ Das müsse allerdings „noch genau geprüft“ werden.