OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Beim Porträtieren berühmter Persönlichkeiten im Film fällt vielen Autoren oft nicht mehr ein als ein doch sehr biederes chronologisches Abarbeiten der positiven und negativen Höhepunkte im Leben des jeweiligen Prominenten. Todd Haynes hat es anders gemacht: Sein Film „I’m Not There“ (2007) ist laut Vorspann zwar „inspiriert von der Musik und den vielen Leben des Bob Dylan“, doch er ist alles andere als eine gewöhnliche Filmbiografie. Fünf Schauspieler und eine Schauspielerin interpretieren hier in assoziativer Form verschiedene Lebensphasen Dylans, der sich mit seiner Zurückgezogenheit und dem Erschaffen diverser Legenden um die eigene Person der herkömmlichen Biografisierung stets entzogen hat. Haynes’ ebenso freie wie anspielungsreiche Interpretation des Themas bezieht sich auf den Zeitraum der 1960er- und 1970er-Jahre, als Dylans Wechsel seiner künstlerischen Richtungen und seiner Lebensumstände noch besonders schnell erfolgten: Da war er Folksänger, Teenage Rebel Poet, Pop-Dandy und Farmer, um nur einige seiner Inkarnationen zu nennen. Diese Episoden, in denen sich Haynes jeweils an verschiedenen Stilistiken des Kinos der 1960er-Jahre orientiert, sind einerseits zwar in eine grobe zeitliche Abfolge gebracht, andererseits aber durch eine geschickte Montage auch inhaltlich ineinander verschränkt und regen auf diese Weise zu neuen Assoziationen an. Man muss im Übrigen weder Dylanologe noch Filmhistoriker sein, um Vergnügen an „I’m Not There“ zu empfinden, denn der gelegentliche Wiedererkennungseffekt ist nur ein Mehrwert. Haynes enträtselt hier nicht Bob Dylan, sondern hat einen in der Form ungewöhnlichen, seinem Thema jedoch völlig adäquaten Kunst-Film geschaffen über einen kaum fassbaren Künstler. (16.–18.5. im Regenbogenkino)

Ein Klassiker des britischen Schauerkinos ist „Traum ohne Ende“ (Dead of Night, 1945) – wobei der Schauer in dieser um einige übernatürliche Erlebnisse kreisenden Episodengeschichte für heutige Verhältnisse eher milde ausfällt. Doch die Story um einen Architekten, der sich in einem wiederkehrenden Albtraum gefangen sieht, in dem ihm eine in einem Landhaus versammelte Gesellschaft ihrerseits seltsame Erlebnisse berichtet, präsentiert sich zweifellos solide inszeniert und sehr stimmungsvoll fotografiert. Und Michael Redgrave als schizophrener Bauchredner wirkt ziemlich beeindruckend. Der große Surrealist Luis Buñuel benannte „Traum ohne Ende“ einmal als einen seiner Lieblingsfilme. (15.–16.5. im Filmkunst 66)

Von Rock ’n’ Roll zwar noch keine Spur, doch die Rebellion der Jugendlichen ließ sich auch im biederen England der mittleren 1950er-Jahre nicht aufhalten. In seinem Kurzfilm „Momma Don’t Allow“ (1955) wirft Karel Reisz einen Blick auf die Rituale von jungen Leuten in einem Jazzclub: Jugendkultur in der Entstehung, in ihrer frohen Ausgelassenheit eine vermeintliche Bedrohung für die ältere Generation. (beim Free-Cinema-Kurzfilmprogramm 15.–16.5. im Arsenal 2) LARS PENNING