: Krank schuften saniert nur Chefs
Im Schnitt waren Beschäftigte 2004 nur 11,9 Tage krankgeschrieben. Das erspart den Firmen nach Ministeriumsschätzungen 1 Milliarde Euro und den Kassen eine halbe
BERLIN dpa ■ Der historisch niedrige Krankenstand in diesem Jahr dürfte den Arbeitgebern nach Schätzung des Gesundheitsministeriums rund eine Milliarde Euro einsparen. Mit einem Rückgang auf 3,4 Prozent sei der Krankenstand 2004 auf das niedrigste Niveau seit Einführung der Lohnfortzahlung 1970 gesunken, teilte das Ministerium gestern mit. Schon 2003 seien die Firmen durch geringen Krankenstand um etwa 1,5 Milliarden Euro entlastet worden.
Nach einer Statistik der Betriebskrankenkassen (BKK), die Daten von 6,75 Millionen Mitgliedern auswertet, waren Arbeitnehmer von Januar bis November 2004 durchschnittlich 11,9 Tage krankgeschrieben – nach 13,5 Tagen 2003: ein Rückgang von 3,6 Prozent. Der erneut starke Rückgang bescherte laut Ministerium auch den Kassen Einsparungen: In den ersten drei Quartalen wendeten sie für Krankengeld 511 Millionen Euro (9,6 Prozent) weniger auf.
In den 70er-Jahren lag der Krankenstand über 5 Prozent, in den 80ern zwischen 5,7 und 4,4 Prozent. 2003 sank er erstmals auf 3,6 Prozent. Grund für den starken Rückgang in jüngerer Zeit ist nach BKK-Angaben nicht nur – wie häufig vermutet – die Angst um den Arbeitsplatz. Vielmehr habe ein Teil der Menschen, die wegen Herz-Kreislauf-Problemen oder Rückenleiden häufig fehlten, keinen Job mehr. Überdies hätten Programme zur Gesundheitsförderung im Betrieb Erfolge gezeigt.
Nach BKK-Angaben entfällt fast ein Drittel aller Arbeitsunfähigkeitstage auf Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems. Je ein Sechstel der Krankmeldungen lautete auf Atemwegserkrankung, Verletzung und Vergiftung. Der Anteil psychischer Störungen als Krankheitsgrund hat sich seit 1990 auf 7,5 Prozent verdoppelt. Gehäuft traten sie bei Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen sowie in der Telekommunikation auf.
Körperlich schwer arbeitende Männer wie Müllfahrer oder Gleisbauer sind mit 26 Krankheitstagen am stärksten belastet, Ingenieure und Naturwissenschaftler mit durchschnittlich weniger als 1,5 Tagen am geringsten. Bei Frauen sind Kraftfahrerinnen und Putzkräfte mit 24 Tagen fünf mal so lange krank wie Ärztinnen oder Publizistinnen.