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Archiv-Artikel

Biermann boykottiert

STASI Kirchentags-Auftritt wegen der Anwesenheit des DDR-Kirchenleiters Stolpe verweigert

Von cja

Der Liedermacher und DDR-Dissident Wolf Biermann hat sich wegen eines geplanten Auftritts des SPD-Politikers Manfred Stolpe geweigert, am Kirchentag teilzunehmen. Dies berichtete der Spiegel am Sonnabend vorab, der Sprecher des Kirchentags Rüdiger Runge bestätigte den Bericht.

Bereits vor mehreren Monaten habe es ein Gespräch mit Biermann über einen möglichen Auftritt beim Kirchentag gegeben, sagte Runge. Damals habe Biermann Stolpes Auftritt als Grund genannt, warum er nicht nach Bremen kommen wolle. Daher hätten die Organisatoren die Planung eines Biermann-Auftritts nicht weiterverfolgt

Stolpe wird am Freitag um elf Uhr im Bremer Dom mit dem Juristen und Kirchentagspräsidenten Gerhard Robbers über „Menschenwürde – Gerechtigkeit und Rechtsstaat“ sprechen.

Der ehemalige brandenburgische Ministerpräsident und Bundesverkehrsminister war bis 1989 Vorsitzender des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit hatte Stolpe jahrelang regelmäßige Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit.

Stolpes eigener Darstellung zufolge waren diese Kontakte im Interesse der Kirchenmitglieder. Kritiker werfen ihm jedoch vor, Interna und Informationen aus der DDR-Opposition verraten zu haben. Schon 1978 soll Stolpe die Verdienstmedaille der DDR in einer konspirativen Wohnung der Staatssicherheit erhalten haben. Stolpe wurde nach Angaben der Stasi-Unterlagenbehörde von der Stasi als IM „Sekretär“ geführt, das Bundesverfassungsgericht entschied jedoch 2005, er dürfe nicht öffentlich als „Inoffizieller Mitarbeiter“ bezeichnet werden.

Der Liedermacher Wolf Biermann wurde bis zu seiner Ausbürgerung im Jahr 1976 von der Stasi überwacht. Bereits 1961 geriet Biermann wegen der Inszenierung eines Theaterstückes über den Mauerbau mit der SED-Führung aneinander und wurde mit einem vorübergehenden Auftrittsverbot belegt. Seit seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik 1977 war Biermann einer der bekanntesten Kritiker der DDR. cja/epd