NRW-Städte halten Grenzwerte für Feinstäube nicht ein

Der BUND kritisiert Städte in NRW für die zögerliche Umsetzung der EU-Richtlinien zur Verminderung von gefährlichen Luftpartikeln

DÜSSELDORF taz ■ Eine neue EU-Immissionsrichtlinie setzt die Großstädte in Nordrhein-Westfalen unter Druck: In Duisburg, Düsseldorf, Essen sowie Dortmund und Hagen wurden am ersten Geltungstag, am 1.1.2005, die Höchstwerte für gesundheitsgefährdende Feinstaubpartikel überschritten. Spätestens wenn an den Messstationen an 35 Tagen mehr als 50 Mikrogramm pro Kubikmeter gemessen werden, müssen laut Richtlinie Sofortmaßnahmen eingeleitet werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland bereitet jetzt schon Musterklagen gegen Kommunen vor, in denen die EU-Grenzwerte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eingehalten werden.

„Bisher haben die Städte keine Notfallpläne aufgestellt“, kritisiert Werner Reh, Verkehrsexperte beim BUND NRW. Nur die Stadt Hagen verhalte sich vorbildlich. Hagen ist Modellkommune des Landes bei der Umsetzung eines Luftreinhalteplans. Dort wurden unter anderem Dieselrußfilter in Stadtbusse eingebaut und es ist geplant, den LKW-Verkehr umzuleiten. In Düsseldorf, wo an der Messstation „Corneliusstraße“ regelmäßig Grenzwerte überschritten werden, habe sich Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) einen besonderen Trick ausgedacht, um Sanktionen zu umgehen, sagt Reh. „Erwin plant, den Verkehr von der Messstation wegzuleiten“. Reh befürchtet, dass auch andere Kommunen sich so vor einer nachhaltigen Verminderung von Feinstäuben drücken werden.In Dortmund beispielsweise würde die Stadt trotz 80-prozentiger Subventionierung vom Land ihre neuen Busse ohne Dieselrußfilter ausstatten.

Feinstäube führen zu Lungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bis hin zum Krebs. Während die Feinstäube in den Neunzigern deutlich zurückgingen, nehmen sie seit ein paar Jahren wieder zu. Der Grund: Es werden wieder mehr Dieselfahrzeuge angemeldet, deren Motoren besonders giftige Partikel ausstoßen, die die Lunge befallen. Bürger können nach der EU-Richtlinie vor den Verwaltungsgerichten klagen, wenn ihre Kommune den Grenzwert mehr als 35 mal überschreitet. Der BUND will sie darin unterstützen. „Außerdem werden wir eine Beschwerde bei der EU einlegen, wenn sich die betroffenen Städte nicht bewegen, sagt Reh.

Auch die Bürgerinitiative „Stoppt DüBoDo“ wittert in den EU-Richtlinie eine Chance den von ihre bekämpften Autobahnausbau zwischen Düsseldorf, Bochum und Dortmund zu verhindern. „Die Vorbelastungswerte sind in Bochum jetzt schon sehr hoch“, sagt ihr Sprecher Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt. Das würde ein Gutachten belegen, das die Bürgerinitiative in den nächsten Tagen an die Öffentlichkeit bringen will.

Das Landesumweltministerium setzt sich als federführendes Ministerium demnächst mit den jeweiligen Kommunen, den zuständigen Bezirksregierungen und den Umweltorganisationen zusammen, um die Ursachen für jeweiligen Grenzwertüberschreitungen zu ermittelt und Maßnahmen einzuleiten. „Es ist nicht also, dass Umweltverbände in NRW dabei außen vor wären“, reagiert sie auf die drohende EU-Beschwerde durch den BUND. Außerdem nimmt Höhn die Luftreinhalteplanung von Joachim Erwin in Schutz: „Die Stadt Düsseldorf will umweltfreundlichere Filter in ihre Busse einbauen“, sagt sie. Wenn eine Kommune jedoch versuche, sich um die Reduzierung von Feinstäuben zu drücken, werde sie nicht durchkommen“, sagt Höhn. Auflagen könne sie als Umweltministerin jedoch nur an die Industrie richten. „Bei verkehrsbedingten Grenzwertüberschreitungen ist das Verkehrsministerium zuständig.“ Die Landesumweltministerin sieht außerdem eine weitere Möglichkeit, die Belastungen zu mindern. „Die Kommunen können auch überlegen, LKWs ohne Partikelfilter die Fahrt in die Städte zu verweigern“, sagt Höhn der taz.

NATALIE WIESMANN