: Zum Gerichte drängt, am Gerichte hängt doch alles
Weil er die Ziele ihres Begehrens nicht erfüllt, klagt „Bildung ist keine Ware“ auf Rücknahme des Bürgerschaftsbeschlusses zur Berufsschulreform
Wenn die Richter des Hamburgischen Verfassungsgerichts den Ausführungen des Oldenburger Juraprofessors Dieter Sterzel folgen, dürfte die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft bald eine große Blamage erleben. Die mit absoluter Mehrheit ausgestattete Fraktion hatte bekanntlich am 24. November einen Beschluss zur Überführung der 48 Berufsschulen in ein „Landesinstitut“ gefällt, der laut Sterzel „rechtswidrig“ ist und deshalb vom Gericht wieder aufgehoben werden müsse.
Denn zugleich beschloss die CDU, dass damit das Ziel des von 124.000 Menschen unterstützten Volksbegehrens „Bildung ist keine Ware“ erfüllt sei, weil die Schulen „nicht auf eine Stiftung oder einen anderen Träger“ übertragen würden und auch keine Privatisierung erfolge.
Doch dem ist laut Sterzel überhaupt nicht so. „Hier wird mit einem Trick versucht, das Volksbegehren ins Leere laufen zu lassen“, mahnt er. Denn in dem Beschluss mit abgestimmte „Eckpunkte“ sähen für die Berufsschulen eine Struktur vor, in der die Wirtschaft entscheidenden Einfluss auf die pädagogische Ausrichtung der Schulen habe. So soll dem Landesinstitut ein Kuratorium vorstehen, das zur Hälfte mit Wirtschaftsvertretern besetzt ist. Das gilt auch für die „Vorstände“ der Schulen. Nur in Pattsituationen soll die zuständige SenatorIn oder SchulleiterIn das letzte Wort haben. Sterzel: „Dies reicht für die Aufsicht des Staates nicht aus.“ Der müsse „umfassende Gestaltungsmöglichkeiten haben“, um einem Spruch des Bundesverfassungsgerichts zu genügen.
Die CDU habe also „rechtswidrig“ das Recht der Volksinitiative blockiert, die dritte Stufe des Volksentscheids herbeizuführen. Deshalb hat Sterzel am 19. Dezember im Namen der Initiatoren Stephanie Odenwald (GEW) und Holger Gisch ( Elternkammer) Klage beim Verfassungsgericht eingereicht. Spannend nun: Bis über diese Klage entschieden wird, muss die Berufsschulreform nach Sterzels Einschätzung ruhen. Würde die Bildungsbehörde sie trotzdem umsetzen und wie geplant zum Schuljahr 2005/06 bei Pilotschulen die neue Struktur einführen, könnte dies per Eilverfahren unterbunden werden.
Allerdings dürfte die Hoffnung auf die Verfassungsrichter seit dem Urteil zum Verkauf der städtischen Kliniken vom 15. Dezember nicht allzu groß sein. Die Richter entschieden, dass einem Volksentscheid kein höherer Stellenwert als einem Bürgerschaftsbeschluss zukomme, dass das Parlament den artikulierten Volkswillen also jederzeit wieder aushebeln kann.
Doch Sterzel sieht den Fall bei „Bildung ist keine Ware“ anders gelagert. Zum einen sei hier der Antrag „präziser formuliert“, zum anderen gehe es ja um die Durchführung des Volksentscheids an sich. Der Oldenburger erhofft sich von den Richtern aber auch Fingerzeige in der Sache. So sei es unter Juristen „Mainstream“, eine so weitgehende Entstaatlichung von Schulen abzulehnen. Kaija Kutter