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Archiv-Artikel

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Heute kann man doch mal loben: Wir sind doch blöd! Wir lassen uns gern verarschen. Es ist noch Hoffnung mit uns. Wird jetzt auf den Klausurtagungen der Parteien noch geschwiegen, wäre alles wunderbar. Na ja, außer Hartz IV

Von SR

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Immer überträgt das Fernsehen die falschen Ski-Events.

Was wird besser in dieser?

Roland Koch erholt sich vom Skiurlaub.

Erst die Flut, dann die Spendenflut. Wer ist denn der Krisengewinnler Nummer eins? Schröder, Udo Jürgens oder Bild?

Habe mir urlaubsbedingt erlauben können, fast nichts davon zu konsumieren. Entsprechend gering ist mein Ekelreflex, und ich kann mich aufs Loben einlassen: Wir sind doch blöd! Geiz ist ungeil! Für einen guten Zweck lassen wir uns gern verarschen! Es ist noch Hoffnung mit uns Deutschen.

Noch nie haben die Sender so oft so direkt so viele Leichen gezeigt. Bei Eschede sah man nur sprachlose Helfer, keine Toten. Warum?

Nur eine gewagte Vermutung: Vorbewusst mag das Verständnis des Begriffs Naturkatastrophe eine höhere, sozusagen gottgewollte Dimension beinhalten. Immerhin entfällt auch die sonst zwingende journalistische Erwägung, welcher Seite nützlicher Idiot man ist, zeigt man quellendes Gedärm von Kriegsopfern, also menschengemachtes Grauen. Daneben griff, zweitens, der Wettbewerb der Sender um das einzige große Thema zwischen den Jahren und, drittens, die Not, ein Ereignis fast nur in seinen Folgen bebildern zu können.

Hat sich unser Empfinden geändert? Sind wir abgestumpfter geworden?

Zuvor vielleicht nicht, dadurch vermutlich schon.

Die Mutter aller deutschen Serien, die „Lindenstraße“, hat demnächst die 1.000ste Sendung. Haben Sie da sentimentale Gefühle? Oder ist irgendwann auch besser Schluss?

Mir wurscht, die Quote wird’s schon richten. Zum Start wurde das Projekt als vollständiger Ausverkauf öffentlich-rechtlicher Qualitätsstandards behämt. Als Volontär beim WDR lief ich dreimal täglich an Aufklebern vorbei, wo traditionell orientierte Mitarbeiter ein B vor den Namenszug gekritzelt hatten. Die waren stinksauer auf die „billige“ Produktionsweise und hatten Angst um ihre Jobs, wenn das alles funktioniert. Deshalb lese ich die Erfolgsgeschichte der Serie eher als dringende Einladung, neue Ideen erst mal auszuprobieren und sich rituellen kulturpessimistischen Gesängen nicht routiniert anzuschließen.

Die SPD- und die grüne Bundestagsfraktion gehen am kommenden Donnerstag, wie jedes Jahr, in Klausur. Was steht an? Nix! Wenn’s eine Klausur wäre. Wortursprung Klause, klösterliche Einsiedlerzelle, völliger Abschluss, vulgo: einfach mal die Schnauze halten.

Seit einer Woche gilt Hartz IV. Wie ist die Sache gelaufen? Wird das noch mal gefährlich für die SPD? Oder ist der Zorn weg?

Der reaktionäre Affekt, „die Empfänger von Sozialleistungen sollen sich nicht länger mit meinem sauer verdienten Geld fröhlich machen“, funktioniert doch prima. Eher wird Rot-Grün nachlegen, um das erfolgreiche Klischee vom strengen Doktor mit der bitteren Medizin zu prolongieren.

Und was macht Borussia Dortmund?

Großaktionär Homm macht die ersten Fehler, interessant! Zu Stefan Reuters Abgang als Teammanager maßt er sich an, ihn dafür als „wahren Borussen“ zu loben, um Druck gegen den noch viel wahreren Borussen Michael Zorc aufzubauen. Noch so ’n Dummspruch, und die Leute wählen Niebaum zurück ins Amt.

FRAGEN: SR