Die Nerven verloren

Seit gestern muss sich eine Mutter vor Gericht verantworten, weil sie versucht hat, ihr Kind zu ersticken

Bremen taz ■ Gleich in drei Fällen kam es gestern vor Bremer Gerichten zum Prozess, weil ein anderer hat sterben sollen. Vorläufige Bilanz: Ein Totschlag und zwei gefährliche Körperverletzungen.

Am Ende seiner Misshandlung gestorben ist ein zwölf Wochen alter Zwillingssohn - weil er fortdauernd schrie und nicht zu beruhigen war. Die verzweifelte Mutter aus Bremerhaven hatte dem Säugling im Dezember 2002 drei feuchte und zusammengeknüllte Zellstofftücher in den Rachen gestopft.

Sie habe völlig die Nerven verloren, gestand sie gestern vor Gericht ein. Dort muss sie sich jetzt wegen Totschlags verantworten. Als der Säugling blau anlief, versuchten die beiden Eltern vergeblich, ihrem Kind selbst zu helfen. Sie riefen dann schließlich den Notarzt, der das Baby zunächst reanimieren konnte. Gleichwohl starb es im Juli 2003 infolge irreparabler Hirnverletzungen.

Mit dem Leben davon kam hingegen ein Mann, der sich im vergangenen Jahr nicht von seiner Freundin trennen wollte. Asim Ö. und Polat S. hatten ihren gemeinsamen Bekannten dazu aufgefordert - ansonsten werde seine Mutter ermordet, drohten sie. Um dem Nachdruck zu verleihen, verschickten die beiden Post. Inhalt: Ein Schuss Munition. Später brachen sie dem Mann die Nase, um anschließend per Telefon 1.500 beziehungsweise 2.000 Euro zu erpressen. Gestern nun wurde das Duo vom Schöffengericht der gefährlichen Körperverletzung und Nötigung für schuldig befunden - und zu zehn beziehungsweise sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

Ausgefallen hingegen ist der Prozess gegen Rafael S. Der gefährlichen Körperverletzung angeklagt, war er gestern nicht vor Gericht erschienen. S. wird beschuldigt, nach einem Streit vor dem “Heartbreak Hotel“ im April vergangenen Jahres einen Kneipengast mit einem Klappmesser niedergestochen zu haben. Der Kontrahent erlitt eine lebensgefährliche Schnittverletzung nahe der Halsschlagader und musste notoperiert werden. Ein Dritter, der helfend eingreifen wollte, kam mit einer Schnittverletzung an der Brust davon. S. wird nun zwangsweise vorgeführt, der Richter hat Haftbefehl erlassen. mnz