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Archiv-Artikel

Keine Gefahr für Boykotteure der Gaspreise

Zwar gewinnt ein Versorger den Hamburger Rechtsstreit, besonnene Protestler müssen aber keine Klagen fürchten

BERLIN taz ■ Bei einem Mann in Hamburg wird die Wohnung bald kalt werden – er hatte gegen die 36-prozentige Gaspreiserhöhung des Energieunternehmens Eon-Hanse protestiert und seine monatliche Zahlung gekürzt. Das Amtsgericht Hamburg-Harburg soll laut dem Nachrichtenmagazin Spiegel entschieden haben, dass der Energieversorger dem Kunden das Gas abdrehen darf.

Der Vorsitzende vom Bund der Energieverbraucher, Aribert Peters, befürchtet nun, dass der Fall in Zusammenhang mit seiner Kampagne gegen die „dreiste Abzocke“ der Gasversorger gestellt und die Angst der Kunden vor Klagen geschürt wird. „Das war gezielt inszeniert“, sagte er der taz. Ein Mitarbeiter von Eon-Hanse soll das Urteil an die Öffentlichkeit gegeben haben.

Eon-Hanse-Sprecher Volker Miekisch wollte sich bisher gegenüber der taz nicht dazu äußern. Er sei selbst überrascht gewesen von dem Bericht. Fest steht jedenfalls, dass sich diverse Energieunternehmer bei der Spiegel-Lektüre die Hände gerieben haben werden – könnte das Urteil doch unwillige Kunden zur Zahlungsmoral bekehren.

Dabei unterscheidet sich der Fall vor Gericht stark von den Aufrufen des Verbandes. Der monatliche Abschlag des Hamburger Gaskunden sollte von 80 auf 109 Euro heraufgesetzt werden. Anstatt nun – wie von den Verbraucherschützern empfohlen – den ursprünglichen Betrag weiterhin zu bezahlen, überwies er nur 50 Euro. „Der hat es heftig übertrieben. Wir raten, besonnen vorzugehen“, sagte Peters.

Der Bund der Energieverbraucher hatte Kunden vor wenigen Wochen aufgefordert, sich gegen die Erhöhungen zu wehren und sich höchstens auf eine Steigerung von zwei Prozent einzulassen. Nach Schätzungen des Verbandes beteiligen sich inzwischen mindestens 100.000 Gaskunden an diesem Boykott.

Als Reaktion darauf drohte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft, Uwe Steckert, erst in der vergangenen Woche mit juristischen Mitteln: „Es wird wohl Klagen gegen Kunden geben müssen, die ihre Rechnung nicht bezahlen.“ Bei den Aktionen handele es sich um einen „Boykott mit rechtswidriger Schädigungsabsicht“. Peters hält das für grotesk: „Keiner würde behaupten, dass Gasunternehmen dermaßen am Hungertuche nagen“, sagte er. Peters geht nicht davon aus, dass die Unternehmen klagen werden – denn dann müssten sie offen legen, wie die Preiserhöhungen zustande kommen.

SASCHA TEGTMEIER