: Die Pille davor
PHARMA-HANDBALL Dänen werfen THW Kiel und SG Flensburg-Handewitt Medikamentenmissbrauch vor
Die zweitgrößte dänische Zeitung Politiken berichtet, dass beim THW Kiel und der SG Flensburg-Handewitt Schmerzmedikamente en masse geschluckt werden. Nun hat der THW vor dem Final-Hinspiel in der Champions League gegen den spanischen Titelverteidiger Ciudad Real am Sonntag eine zweite Affäre am Hals – neben dem Schiedsrichter-Bestechungsskandal.
Politiken zitiert den Profi Lars Krogh Jeppesen so: „Das war total grotesk. Die Pillen wurden eingesetzt, um Spieler fit zu bekommen, die eigentlich nicht hätten spielen dürfen.“ Der dänische Rückraumspieler gewann mit der SG Flensburg-Handewitt zwischen 2000 und 2004 den Europapokal der Pokalsieger und zwei Mal den DHB-Pokal, wechselte dann zum FC Barcelona und 2006 zum THW. Jeppesen, der heute mit 30 Jahren wieder in Dänemark spielt, machte nur wenige Spiele für Kiel, zunächst wegen einer angebrochenen Rippe, dann wegen Rückenschmerzen.
Jeppesens Darstellung bestätigt Nationalmannschaftskollege Lasse Boesen, seit 2007 bei der SG Flensburg-Handewitt. Um die durch ständige Überbelastung des Körpers entstandenen Schmerzen zu unterdrücken, habe er über sieben Jahre das Rheumamittel Voltaren genommen, das das Risiko von Magengeschwüren und Herzinfarkten erhöht. Die Vereine würden die Spieler unter Druck setzen: „Wenn man keine Leistung liefert, fliegt man einfach raus.“ Boesen räumt ein, auch während der WM 2009 dreimal täglich Schmerzmittel genommen zu haben – anders sei die Extrembelastung nicht zu bewältigen.
Der dänische Olympia-Mannschaftsarzt Morten Storggard sagt: „Wer aus der spanischen oder deutschen Spitzenliga kommt, ist einfach daran gewöhnt, bei Schmerzen ein paar Kilo Anti-Rheuma-Pillen einzunehmen.“ ROGER REPPLINGER