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Archiv-Artikel

Freiheit bei Wasser und Boot

Das Ruhrgebiet soll ein Wassersport-Eldorado werden. Das verkündeten vollmundig das NRW-Wirtschaftsministerium und die Tourismus GmbH auf der Boot 2005. Drei Marinas gibt es schon

AUS DÜSSELDORFPETER ORTMANN

Ganz Holland zittert. Das Ruhrgebiet soll wieder ans Wasser zurückgeführt werden – an die eigenen Kanäle. „Innovation im Tourismus“ nennt das in Düsseldorf auf der „Boot“ Dieter Nellen, der neue Geschäftsführer der Ruhrgebiets Tourismus GmbH (RTG). Die weltgrößte Wassersportmesse eröffnete Ministerpräsident Peer Steinbrück am Wochende. 1.650 Aussteller aus 52 Ländern drängen sich in den endlosen Hallen, wirklich Neues ist nicht zu entdecken. Dennoch befindet sich die Branche in Aufbruchstimmung. Ein Trend, den das Ruhrgebiet nutzen will.

„Früher galten wir als Verrückte“, sagt Nellen, der Mann fürs Öffentliche beim Regionalverband Ruhr (RVR), jetzt sei er wieder „auf die Brücke zurückgekehrt“. Auch im Umfeld der Beneluxstaaten solle Wassertourismus mächtigen wirtschaftlichen Auftrieb geben. Bestes Beispiel dafür sei „die Erfolgsgeschichte der Gastronomie im Duisburger Innenhafen“. Dort findet sich auch eine der drei Sportboot-Marinas im Ruhrgebiet. 2001 eröffnet, hat sie mit 133 Dauerliegeplätzen bereits eine Auslastung von 85 Prozent. „Noch in diesem Jahr wollen wir die Vollauslastung schaffen“ sagt Prokurist Stefan Kirchesch. Davon kann die Marina im Oberhausener Centro nur träumen. Sie wird im März eröffnet. Ruhig werde es dort aber nicht werden, sagt Betreiber Willi Hesse, der auch durch seine pedalgetriebene Escargot – ein schwimmender Wohnwagen – auf den Kanälen bekannt ist. Aber es gäbe reichlich Liegeplätze und eine große touristische Infrastruktur – direkt neben dem Einkaufstempel.

„NRW ist ein Schifffahrtsland“, sagt Norbert Walter-Borjams, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Das sei unbestritten. Das Land sei deshalb mit 3,4 Millionen Euro am Ausbau in Oberhausen beteiligt. Bei einer gelungenen Mischung aus „Infrastruktur, Märkten und Bevölkerungsdichte“ hoffe man in der ganzen Region auf wirtschaftliche Impulse, aber auch auf eine Ausweitung der Ziel II Gebiete durch die Europäische Union. 11 Millionen Euro ließ sich das Land die Entwicklung des SportbootRevierRuhrgebiet bereits kosten, Strukturfördermittel der EU sind aber für bestimmte Zonen noch nicht zu bekommen. Ob deshalb Walter-Borjams das Motto „Freizeit bei Wasser und Boot“ kreierte?

Dass die holländischen Nachbarn ein ernstzunehmender Konkurrent beim Wassersport-Tourismus sind, bestritt keiner der beiden auf der Boot. „Wir müssen uns daneben positionieren“, sagt Walter-Borjams. Gerade durch die Highlights der Industriekultur habe man ein Alleinstellungsmerkmal. „Doch wir sind Neulinge, das wird ein weiter Weg“, auch Tourismus-Profi Nellen bleibt realistisch, verweist aber auf die neuen WasserWanderRastplätze rechts und links der Kanäle, die von der Berufsschifffahrt stark frequentiert sind. Elf dieser Anlegestellen mit Grillplatz, wo man 48 Stunden kostenlos liegenbleiben kann, gibt es bereits. Ob damit allerdings holländische Freizeitkapitäne über die Grenze gelockt werden können, darf bezweifelt werden. Zittern ist überflüssig.