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Archiv-Artikel

„Zack und fertig“

Sprechende Tiere, beseelte Gegenstände, das gute, alte Christentum: Ein Gespräch mit Funny van Dannen über sein neues Buch „Neues von Gott“, über die abrupten Enden seiner Geschichten, das Arbeiten im Keller und über seine neuesten Umzugspläne

INTERVIEW SUSANNE MESSMER

taz: „Neues von Gott“ ist jetzt Ihr viertes Buch, oder?

Funny van Dannen: Ja, das vierte. Oder das fünfte? Also das erste war ja das kleine gelbe. Das hieß „Spurt ins Glück“. Das zweite hieß „Jubel des Lebens“. Kennen Sie nicht? Na ja, ich kenne es ja selbst kaum noch. Davon gibt es kaum noch welche. Warten Sie mal, ich gehe mal gucken … (verschwindet irgendwo im Haus, kommt nach einer Weile mit einem Päckchen zurück, setzt sich zurück an den Küchentisch und macht sich ans Auspacken). Das ist noch im Original-Butterbrotpapier. Aus dem Jahr 1991. Geht schnell rum, die Zeit, oder? (Signiert das ausgepackte Buch, packt es wieder ein und reicht es über den Tisch). Das war so schön eingepackt. Wenn man es einmal auspackt, kriegt man es nie wieder so schön hin.

Danke! Also ist das neue sogar Ihr sechstes Buch.

Ja. Oder das fünfte.

Und außerdem haben Sie sieben Platten gemacht und wahrscheinlich tausend Bilder gemalt.

Na ja, ein paar weniger.

Soll das immer so weitergehen?

Malen würde ich schon wieder gern mehr, aber dafür bräuchte ich mehr Platz. Unsere Garage steht schon halb voll, mein Zimmer unten im Keller auch. Am Anfang war das toll, einen eigenen Raum zu haben. Früher, als wir noch in der Altbauwohnung in Kreuzberg wohnten, habe ich meine Sachen ja am Küchentisch gemacht. Inzwischen fällt mir auch im Keller die Decke auf den Kopf. Ist so viel Haus oben drüber. Ich muss jetzt erst mal warten, bis wir wieder umziehen.

Wollen Sie denn schon wieder umziehen?

Karina – meine Frau – und ich wollen raus aus Berlin. Wir wollen zurück ins Rheinland, wo ich herkomme. Da sind die Leute netter. In Berlin kennen sie ja nicht einmal die Grundregeln. Dass man sich grüßt zum Beispiel, das machen die einfach nicht. Daran habe ich mich auch nach zwanzig Jahren in der Stadt nie richtig gewöhnt.

Wie geht es dann weiter? Werden Sie noch Musik machen?

Eine einzige CD mache ich vielleicht noch, aber ewig mache ich das nicht mehr. Ich habe das Gefühl, dass das Singen und das Liedermachen allmählich zu einem Ende kommen. Aber wenn ich richtig drüber nachdenke: Eigentlich habe ich bei jeder Platte gedacht, dass ich danach nur noch eine machen würde.

Ist das Liederschreiben schwieriger als das Geschichtenschreiben und das Malen?

Wissen Sie, ich habe viel Zeug geschrieben. Aber es ist so wenig brauchbar. Es ist so abgedrehtes Zeug, was überhaupt nicht singbar ist. Und außerdem finde ich: Noch ein Lied und noch ein Lied – irgendwann fragt man sich schon, was davon hängen bleibt.

Warum ist das Geschichtenschreiben unerschöpflicher?

Die Geschichten liefen immer so mit. Eine Zeit lang habe ich das überhaupt nicht mehr gemacht, weil ich dachte, Geschichten interessieren sowieso keinen mehr – und Geld verdienen kann man damit auch nicht.

Jetzt war Ihr Buch in den Bestsellerlisten. Außerdem singen die Toten Hosen Lieder von Ihnen. Konnten Sie deshalb von der Altbauwohnung ins Einfamilienhaus umziehen?

Nein, das lag hauptsächlich an meiner Frau, weil ihre Boutique inzwischen so gut läuft. Aber durch die Toten Hosen kommt jetzt hin und wieder auch ganz gut was rein.

Haben Sie auch mal überlegt, etwas ganz anderes zu machen?

Ich denke darüber nach, aber mir fällt nichts Besseres ein. Wahrscheinlich bleibt’s bei Künstler.

Ihr neues Buch heißt „Neues von Gott“. Warum interessieren Sie sich so fürs Christentum – ich denke da an Lieder wie „Jesus“, „Noah“, „Adam und Eva“ …

Ich bin damit groß geworden. Es gehört dazu. Das Personal ist da, ob man will oder nicht. Außerdem ist es dankbar. Man braucht die nur irgendwo hinstellen, schon wirken die komisch.

Neben Gott, Jesus und so weiter kommen wie in vielen Ihrer Geschichten und Lieder wie auch jetzt wieder beseelte Gegenstände vor. Hatten Sie als Kind oft Mitleid mit Dingen?

Habe ich eigentlich immer noch. Auf jeden Fall sind die Dinge nicht tot für mich.

Der Schriftsteller Jonathan Franzen hat mal bei einer Lesung erzählt: Als Kind taten ihm die alten Waschlappen im Schrank seiner Mutter Leid, die immer unten lagen und nie drankamen. Bis er sie eines Tages umsortiert hat.

Dasselbe denke ich manchmal heute noch bei alten Tellern, die immer unten stehen. Das sind aber Luxusgedanken, oder?

Stimmt. Auf einem chinesischen Dorf zum Beispiel hat sicher niemand solche Probleme.

Nein, die haben wahrscheinlich gar nicht so viele Teller. Das ist aber auch das Gute daran: Wenn man nur zwei Schüsseln hat, dann kommen die auch immer dran. Ist wohl viel gerechter.

Zurück zu Ihrem Buch. Wie kommt es immer zu diesen sprechenden Tieren? Früher waren es unbekannte Pferde, heute sind es schöne Fische.

Ich find es einfach komisch, Tiere sprechen zu lassen. Die Möglichkeiten erweitern sich enorm. Aber eine tiefere Bedeutung hat das natürlich nicht. Ist mehr so spielerisch.

Haben Sie manche Geschichten für Ihre Kinder geschrieben?

Nein. Manchmal habe ich früher zum Einschlafen welche für sie erfunden, aber nie aufgeschrieben. Später habe ich ihnen aus richtigen Büchern vorgelesen.

Und wie finden die Ihre Geschichten?

Och, ganz okay. Die Kleinen können damit wenig anfangen. Der Große hat mal reingeschaut und geguckt, ob das „for real“ ist. Weil er doch HipHop macht.

Mir gefällt am besten an Ihren Geschichten, dass sie oft so abrupt enden. Manchmal wird zum Beispiel im Schweinsgalopp schnell noch eine andere Geschichte angeschnitten. Haben Sie Probleme aufzuhören?

Ich höre gerne auf. Deshalb schaffe ich ja auch nie etwas Längeres. Antje Kunstmann, meine Verlegerin, hätte ja gern mal einen Roman gehabt. Aber ich kann das einfach nicht. Das erste Ende, das winkt, das nehme ich. Egal wie es ist.

Und warum? Weil Sie immer wieder etwas anderes machen wollen? Ein Bild malen, etwas für Ihre Kinder kochen?

Genau. Die Familiensituation, wenn man sich wirklich um die Kinder kümmert, erlaubt es einfach nicht, längerfristige Sachen anzupacken. Das wäre höchstens was fürs hohe Alter, wenn mir mal langweilig wird. Ich kann übrigens auch keine langen Sachen lesen. Ich lese am liebsten Gedichte. Bin eben einfach ein Sprintertyp. Alles muss aus einem Impuls heraus geschehen. Zack und fertig.

Sie arbeiten keine Geschichten, Lieder oder Bilder um?

Änderungen hauen meistens nicht hin. Man merkt es immer, wenn man im Nachhinein noch versucht, etwas hinzubiegen.

Deswegen schreiben Sie auch mal unter Ihre Bilder: „Mist. Wieder nichts geworden.“

Ja, klar. Wie es eben so ist.