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Archiv-Artikel

„Eine Abstimmung lasse ich nicht zu“

Ortsamtschef West verhindert Abstimmung zum Thema Röwekamp: Die Neustadt bereue schon. Grüne enttäuscht

Von ede

bremen taz ■ „Eine Abstimmung wird es nicht geben. Das kann und will ich nicht“, stellte Ortsamtsleiter West, Hans-Peter Mester, am Mittwochabend zum Auftakt der gemeinsamen Beiräte-Sitzung von Walle, Findorff und Gröpelingen fest. Das von den Waller Grünen eingebrachte kritische Statement zu Innensenator Röwekamp nach dem Tod eines mutmaßlichen Drogendealers sei so wenig ein Stadtteilthema wie eine Resolution zum Thema Dioxin in Hühnereiern. „Auch ein Meinungsbild zu dieser Erklärung werde ich nicht zulassen“, erklärte Mester. Übrigens halte auch der Neustädter Beirat – der das Verhalten Röwekamps nach dem Tod des Afrikaners mehrheitlich verurteilt hatte – offenbar nicht mehr an seinem Beschluss fest.

Letzteres bestätigte die stellvertretende Ortsamtsleiterin Neustadt gestern nicht. Allerdings hätten CDU-Beiratsmitglieder nach einer turbulenten öffentlichen Sitzung angegeben, bei der Abstimmung unter Druck gestanden zu haben. Die Grüne Neustädter Beirätin Janne Müller kommentiert nüchtern: „Ein CDU-Vertreter hat sogar mit Nein gestimmt. Da gab es keine Zwischenrufe und kein Buh.“ Offenkundig sei der Druck also nicht gewesen. „Der Beschluss gilt.“

Die Waller Grünen mussten sich unterdessen ohne Debatte auf eine Stellungnahme beschränken: „Die Äußerungen des Innensenators widersprechen rechtstaatlicher Auffassung.“ Die Grüne Cäcilie Eckler-von Gleich erklärte weiter: „Wer dealt, begeht eine kriminelle Handlung. Aber erst kommt die Beweisführung, dann wird das Verfahren eröffnet und der Betroffene zu Strafe gezogen.“ Vor anschwellender Lärmkulisse war sie kaum zu verstehen. „Der Senator hat doch Recht!“, „Es sind doch Verbrecher!“, kamen Zwischenrufe. „Erzähl’ das mal den Drogentoten“, höhnte ein anderer. „Keine Drogen, keine Toten“, urteilte ein Grauhaariger. Von einem Bedauern über „den tragischen Todesfall“, wie es erst wenige Stunden zuvor der Polizeipräsident, der Justizstaatsrat und der Chef der Staatsanwaltschaft im Rechtsausschuss der Bürgerschaft geäußert hatten, war beim Waller Publikum wenig zu spüren.

Der Erklärung schlossen sich die drei Grünen Beiratsfraktionen, PDS-Vertreter und die SPD-Fraktion im Beirat Findorff an. „Wir nehmen das alles zu Protokoll“, betonte Mester abschließend – und fügte ironisch hinzu: „Möglicherweise auch, dass der Ortsamtsleiter hier nicht richtig verfährt.“ ede