Intendanten-Albtraum

Ministerpräsident Christian Wulff steht in der Kritik, den Einfluss der Politik auf den NDR ausbauen zu wollen

Vertrakte Sache, so ein Staatsvertrag einer vier-Länder-Anstalt. Die Regierungschefs von Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, sie alle sitzen als Träger des NDR an einem Tisch, und das bedeutet: Geheim-Halten wird schwer. Vor allem, wenn es ans Eingemachte geht. Und das tut es: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) wolle eine stärkere Einflussnahme auf den Sender via Personalpolitik, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Harald Ringstorff (SPD).

Der Niedersachse habe vor, den NDR-Verwaltungsrat nicht mehr gänzlich vom Rundfunkrat wählen zu lassen, sondern die Hälfte der zwölf Verwaltungsratssitze von den Staatskanzleien besetzen zu lassen. Außerdem wolle Wulff durchsetzen, dass die Mitglieder des Rundfunkrates abberufen werden können. „Dann hätten wir einen extrem starken Einfluss der Politik im NDR“, sagte Ringstorff. Und: „Als ehemaliger DDR-Bürger weiß ich, was es bedeutet, wenn die Politik vollen Zugriff auf den Rundfunk hat.“

Staatsfunker Wulff? Die Staatskanzlei in Hannover dementiert. Was an die Öffentlichkeit gelangt ist, sei lediglich ein Arbeitspapier, das auf Referentenebene verhandelt wurde. Also nur „ein Denkmodell, aber es ist nicht die Position von Herrn Wulff“, sagt eine Sprecherin.

Und doch ist’s der Stoff, aus dem die Albträume von NDR-Intendant Jobst Plog sind. „Wer künftig sechs der zwölf Mitglieder des NDR Verwaltungsrats durch die Landesregierungen besetzen will, der setzt der Unabhängigkeit und Staatsferne des NDR ein Ende“, so Plog – der Verwaltungsrat gibt seine Zustimmung bei Personalentscheidungen und redet mit bei Finanzfragen. Just in der aktuellen Ausgabe der Zeit hatte Plog „mittelfristig“ einen „vollständigen Rückzug“ von Politikern aus den Sendergremien gefordert.

Gegenwind für die Bestrebungen aus dem CDU-FDP-regierten Niedersachsen gab es prompt von Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis. Sie habe den Verdacht, „da geht es um Veränderungen von Machtstrukturen.“ Wulff „möchte von außen Programme mitgestalten“, so Simonis. In der Hamburger Senatskanzlei dagegen wollte man sich zu der Debatte „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ nicht äußern. kli

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