piwik no script img

Archiv-Artikel

Die Linkspartei startet bei null Prozent

Das Aktionsbündnis Wahlalternative widmet sich zur „Partei Arbeit und soziale Gerechtigkeit (ASG)“ um – und will gleich in den Landtag von NRW einziehen. Angesichts kaum messbarer Umfragewerte fürchten aber selbst Vorständler einen „Super-GAU“

VON KLAUS JANSENund MARTIN TEIGELER

Ihren ersten Wahlkampf will die neue Linkspartei ausgerechnet im größten Bundesland bestreiten. Unter dem Titel „Partei Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (ASG) plant die bisher nur als Aktionsbündnis aufgetretene Wahlalternative, bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 22. Mai anzutreten. „Wir versuchen fünf Prozent zu erreichen und wollen auf jeden Fall stärker sein als die PDS“, sagt Ingo Meyer, Mitglied des NRW-Landesvorstands.

Der Länderrat des Bündnisses hatte am Samstag in Göttingen die Parteigründung einstimmig beschlossen. Zu Mitgliedern des geschäftsführenden Bundesvorstands wurden Thomas Händel, Klaus Ernst, Axel Troost und Sabine Lösing gewählt, die alle bereits dem Vorstand der „Wahlalternative“ angehörten.

Angesichts übereinstimmender Umfragen der Meinungsforschungsinstitute Forsa und Infratest dimap, die das neue Linksbündnis in NRW derzeit bei null Prozent sehen, bezeichnete ASG-Bundesvorstand Händel das Projekt Landtagswahl allerdings als „nicht risikolos“. Seine Befürchtung: „Wenn es uns in NRW vor die Füße purzelt, wäre das der Super-GAU für so eine Bewegung.“ Sein Kollege Klaus Ernst sprach von einer „Riesenbelastung“ für die ganze Partei.

Tatsächlich hat sich der 1.300 Mitglieder starke NRW-Landesverband in den vergangenen Wochen mehr mit internen Streitereien als mit Wahlkampf beschäftigt. So hatten drei Landesvorständler die Wahlalternative verlassen, weil der gewerkschaftsnahe Landesvorstand aus Angst vor Unterwanderung durch radikale Arbeiter die Gründung einer Opel-Betriebsgruppe verhindert hatte. Gleichzeitig kritisieren viele ASG-Aktivisten eine fehlende Abgrenzung zu Trotzkisten in den Uni-Städten Aachen und Köln. Offen zutage traten die Gegensätze im Landesverband in der vergangenen Woche bei der Wahl der NRW-Landtagskandidaten. Nach stundenlangem Streit setzte sich der Herner Sozialpfarrer Jürgen Klute in einer Kampfabstimmung mit 75 zu 59 Stimmen als Spitzenkandidat gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Hans Wallow aus Bonn durch. Wallow hatte bei seiner Niederlage gegen den politisch völlig unerfahrenen Klute die Unterstützung fast aller rheinischen ASG-Gruppen, Klute verfügt dagegen über den Rückhalt der mitgliederstarken Ortsvereine im Ruhrgebiet.

„Das ist aber keine Spaltung“, beteuert Klute. Im Gegenteil, die 60 NRW-Regionalgruppen würden gemeinsam in den Landtagswahlkampf ziehen. Der Unmut über Hartz IV und die rot-grüne Politik sei in NRW so groß, dass der Einzug in den Düsseldorfer Landtag möglich sei, so Klute. „Das Potenzial ist vorhanden.“

Trotz des holprigen Starts der ASG in NRW nehmen die nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten die Linksabweichler durchaus ernst. Allein ihr Bestehen sei ein „ausgesprochenes Ärgernis“, sagte SPD-Generalsekretär Michael Groschek der taz. „Schon ein paar hundert Stimmen für die in einem Wahlkreis können uns schaden.“

meinung und kommentar SEITE 11