piwik no script img

Archiv-Artikel

„Das ist noch ungewohnt für alle“

Timms, Pisa und Iglu, Vera und Element – was können Schuluntersuchungen leisten? Ein Fachmann gibt Auskunft

taz: Zuerst Timms, dann Pisa und Iglu, jetzt Vera und Element – warum häufen sich Schuluntersuchungen plötzlich?

Tom Stryck: Auf der einen Seite stehen die internationalen Vergleichsstudien: Die erste davon war Timms, dann gab es Pisa für die 9. Klassen und Iglu für die Viertklässler. Als Reaktion auf die sehr bescheidenen deutschen Ergebnisse bei Pisa I hat die Kultusministerkonferenz beschlossen, die Qualitätssicherung auszuweiten. Deshalb hat sie Qualitätsstandards für die Jahrgangsstufen vier und zehn formuliert, und die Länder überprüfen jetzt schon vor der Normierung mit Vergleichsarbeiten, wo ihre Schüler stehen. Wir führen diese Arbeiten in den Jahrgangsstufen 2, 4 und 10 durch. Quer zu all dem liegt nur die Element-Studie, die den Lernfortschritt in den Klassen 4 bis 6 untersucht. Diese Studie haben wir 2002 in Auftrag gegeben, weil es bis dahin keine Untersuchung zu Leistungsstandards in der Grundschule gab.

Was können internationale Studien einerseits und Vergleichsarbeiten auf Landesebene andererseits leisten?

Die internationalen Untersuchungen sind auf Stichprobenbasis erhobene Daten, die uns sagen, wo Deutschland oder das einzelne Bundesland im Vergleich der Bildungssysteme steht. Sie erlauben keine Aussagen über eine einzelne Schule. Bei den Vergleichsarbeiten dagegen sollen landesweit alle Schüler einer bestimmten Jahrgangsgruppe in einem bestimmten Fach teilnehmen. Die Rückmeldung geht vor allen Dingen an die Schule. Sie bekommt die Ergebnisse für die Jahrgangsstufe, für die einzelne Klasse und auch für das einzelne Kind.

Der Unterricht muss besser werden. Was können Vergleichsarbeiten dazu beitragen?

Bei Vergleichsarbeiten wird nicht der Lernfortschritt der letzten vier Wochen abgefragt, sondern es werden Kompetenzen gemessen, und zwar anhand von extern entwickelten Aufgaben. Die Schulen können also sehen, wo sie stehen, zum Beispiel wie viele Kinder einem niedrigen Fähigkeitsniveau zuzuordnen sind. Sie können auch sehen, wie es in ihren Parallelklassen oder an Schulen mit einer vergleichbaren sozialen Mischung unter den Schülern aussieht. Da gibt es große Unterschiede – und die sollte es nicht geben. Der Schulleiter muss sich also beispielsweise mit den Lehrern der Klassen a, b und c zusammensetzen und fragen: Hier gibt es Unterschiede, woran liegt das? Das ist ein ungewohnter und ein schwerer Prozess, an den sich alle noch gewöhnen müssen. Aber das hat in anderen Ländern auch geklappt.

INTERVIEW: SABINE AM ORDE