Scherf gewinnt Misstrauensvotum

Der Misstrauensantrag der Grünen gegen Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) ist gescheitert – trotz acht Ja-Stimmen aus der Koalition. Henning Scherf (SPD) drohte mit Rücktritt: „Bei Thomas Röwekamp wird auch über mich entschieden“

Bremen taz ■ Mit 60 gegen 19 Stimmen bei zwei Enthaltungen hat die Mehrheit der Bürgerschaftsabgeordneten gestern Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) das Vertrauen ausgesprochen. Der Misstrauensantrag, den die Grünen wegen Röwekamps Verhalten in Zusammenhang mit dem Tod eines Schwarzafrikaners im Bremer Polizeigewahrsam eingebracht hatten, ist damit gescheitert. Bürgermeister Henning Scherf (SPD) hatte vor der Abstimmung explizit mit seinem Rücktritt gedroht, falls der Innensenator durchfallen sollte: „Bei Thomas Röwekamp wird auch über mich entschieden.“

Grünen-Innenpolitiker Matthias Güldner machte die Politiker und Abgeordneten von SPD und CDU für den Tod des mutmaßlichen Drogendealers verantwortlich. 2001, als die gewaltsame Brechmittelvergabe bereits in Hamburg ein Todesopfer gefordert habe, hätten sie an dieser Praxis in Bremen explizit festgehalten – um jetzt, nach dem Bremer Todesfall, genau das zu beschließen, was die Grünen damals gefordert hatten: den Verzicht darauf. Der „durch und durch sinnlose Tod“ Laye-Alama Condés „hätte durch eine Abstimmung hier in diesem Haus vor drei Jahren, durch einmal Hand aufheben, verhindert werden können“, sagte Güldner.

CDU-Innensenator Thomas Röwekamp trage die „politische Verantwortung“ für die Unversehrtheit von in Gewahrsam genommenen Personen – und damit auch für den Tod Condés. Untragbar sei jedoch darüber hinaus sein Umgang mit dem ganzen Vorfall. So habe er zunächst versucht, den Tod „zu vertuschen“, habe den im Sterben liegenden Menschen „eiskalt und zynisch zu eigener vermeintlicher Profilierung benutzt“ und diesem im Fernsehen alle Schuld zugeschoben. Weiter habe er sich mit seinen Äußerungen zu den „körperlichen Nachteilen“, mit denen Dealer zu rechnen hätten, „außerhalb der für uns alle geltenden Rechtsordnung“ gestellt. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit, betonte Güldner, gelte auch für Tatverdächtige, entsprechende Schutzbestimmungen seien „Teil unserer demokratischen Grundordnung zur Abwehr von Staatswillkür, Folter und Machtmissbrauch“. Mit seinen öffentlichen Auftritten habe Röwekamp „amateurhaft und ungeschickt“ dem Ansehen Bremens „weit über seine Grenzen hinaus geschadet“, so Güldner: „Wer so auf eine Krisensituation reagiert, der verkörpert keine bremischen Werte von hanseatischem Anstand und Zurückhaltung, und es ist die große Frage, ob er politisch und charakterlich für ein so schwieriges Amt geeignet ist.“

Auch SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen kritisierte die „fahrlässige Informationsarbeit“ des Innensenators als „äußerst befremdlich“. Röwekamp habe sich „offenkundig schlecht“ auf das Fernseh-Interview vorbereitet, das er nach Bekanntwerden des Brechmittel-Falls gegeben habe. „Das darf einem Bremer Senator eigentlich nicht passieren“. Den Misstrauensantrag werde die SPD dennoch nicht unterstützen. Schließlich habe man sich mit dem Koalitionsbeschluss, auf die zwangsweise Vergabe von Brechmitteln künftig zu verzichten, inhaltlich durchgesetzt. Außer den 12 Grünen und FDP-Mann Wedler stimmten noch acht weitere Abgeordnete nicht für Röwekamp.

CDU-Fraktionsvorsitzender Kastendiek nahm den CDU-Senator in Schutz. „Thomas Röwekamp hat immer nach dem aktuellen Kenntnisstand informiert.“ Man habe sich 2001 zudem „aus gutem Grund“ entschieden, auf die zwangsweise Vergabe von Brechmitteln nicht zu verzichten.

„Wir haben nach Regeln gehandelt, die bisher für korrekt gehalten wurden“, sagte Scherf. „Ich fühle mich dafür verantwortlich, und ich fühle mich im Einklang mit dem Parlament.“

Im Übrigen, so Scherf, sei die Abstimmung über den Misstrauensantrag der Grünen „sowas wie eine Probeabstimmung über die große Koalition“. Von ihrem Ergebnis hänge auch ab, wie viel Geld Bremen künftig noch vom Bund bekomme. „Ich kann nur dann sinnvoll verhandeln, wenn ich da heute über die Runden komme“, sagte Scherf: „Lasst mich nicht allein.“

Laye-Alama Condé hat das vielleicht auch gesagt. A. Simon