: Die Königin als Schulden-Queen
MARIE ANTOINETTE Das Musical schließt mit einem Defizit von 1,5 Millionen Euro. Sie werden durch einen „Liquiditätsvorgriff“ auf die kommenden Theater-Spielzeiten gedeckt
VON HENNING BLEYL
„Marie Antoinette“ schließt mit einem Minus von 1,5 Millionen Euro. Diese vorläufige Bilanz des vergangenen Sonntag zum letzten Mal gespielten Musicals gab Theaterintendant Hans-Joachim Frey gestern offiziell bekannt. Zugleich entschuldigte er sich für seine bisherige Zurückhaltung in Sachen Zuschauerzahlen: Bei einem derart von Stimmungen abhängigen Geschäft sei es kontraproduktiv, vor dem letzten Vorhang mit konkreten Angaben an die Öffentlichkeit zu treten
Zuletzt lagen die Defizit-Schätzungen bei 1,2 Millionen Euro. Dass es jetzt noch mal 300.000 Euro mehr sind, liegt laut Frey vor allem an der Zurückhaltung des Publikums beim hochpreisigen Ticketsegment: Die knapp 90.000 BesucherInnen hätten im Durchschnitt lediglich 37,5 statt der geplanten 50 Euro gezahlt.
Zudem stiegen die Produktionskosten. Ursprünglich, im September 2007, hatte der Aufsichtsrat des Theaters einen Kostenrahmen von 4,9 Millionen Euro genehmigt. Jetzt liegt er laut offiziellen Angaben bei 5,8 Millionen Euro. Der größte Teil der Mehrkosten entstand, wie berichtet, durch die Neuvergabe des Bühnenbildes und durch nicht einkalkulierte Mieten für eine Verstärkeranlage – die hauseigene erwies sich als zu schwach.
Die Marketingkosten des Musicals sind nach Freys Angaben, entgegen anders lautender Berichte, hingegen gehalten worden. Das Theater habe dafür wie geplant 600.000 Euro investiert. Hinzu kommen allerdings weitere 403.000 Euro, die das Wirtschaftsressort noch kurz vor dem Musical-Start beisteuerte.
In der Schweiz hat Frey trotz alldem noch nicht angerufen: Erst nach Abschluss aller Nachverwertungs-Bemühungen, die in den kommenden 15 Monaten unternommen werden sollen, will Frey nach eigenen Angaben die von einem Schweizer Mäzen geleistete private Ausfallbürgschaft gegebenenfalls in Anspruch nehmen. Dieser „letzte Joker“ ist für 200.000 Euro gut.
In der aktuellen Theater-Bilanz gehen die Musical-Miesen in den Liquiditätsvorgriff von 3,3 Millionen Euro ein, mit dem das Theater den Haushalt seiner kommenden Spielzeit belastet. Die bereits vorgelegte Planung 2009 / 2010 soll laut Frey trotzdem nicht revidiert werden.
Peter Siemering, Chef der Bremer Tourismus Zentrale, drückt es so aus: „Nicht erfolgreich war der wirtschaftliche Erfolg dieses Musicals.“ Alle anderen Aspekte des Unternehmens wie die Standort-Profilierung seien hingegen sehr zufriedenstellend. Übernachtungszahlen liegen allerdings noch nicht vor. Von Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD) ist ein klares „So-nicht-noch-einmal“ zu hören: „In den nächsten Jahren wird es im Kulturhaushalt keine Projekte dieser Größenordnung mehr geben.“ Musicaltheater-Chef Claus Kleyboldt hingegen hebt hervor, dass alle Beteiligten mit großem Engagement an einem „gemeinsamen Strick“ gezogen hätten.
Wirtschaftsstaatsrat Heiner Heseler (SPD) dementierte auf Nachfrage, dass der „gemeinsame Strick“ nun zum Tauziehen um die Mietkosten verwendet würde: „Da dürfen wir keinen Präzedenzfall schaffen.“
De facto geht es um etwa 600.000 Euro, die stadteigene HVG – nun Teil der „Wirtschaftsförderung Bremen“ (WFB) – dem Theater für die Raumnutzung in Rechnung stellen wird. Nach der Sommerpause will das Ressort der Wirtschaftsdeputation die Empfehlung vorlegen, das Musicaltheater weiter in städtischer Regie zu betreiben.