: Junkies sollen sich verdrücken
Das Kölner Ordnungsamt will mit einer neuen Dienstgruppe Drogenabhängige stärker kontrollieren. Noch allerdings fehlt der Verwaltung eine politische Mehrheit. Hilfseinrichtungen protestieren
VON KLAUS JANSEN
„Die 10.000 Personen, die in Köln der offenen Drogenszene zuzuordnen sind, stellen den Ordnungsdienst vor ein massives Problem“, hat Robert Kilp festgestellt. Der Leiter des Kölner Ordnungsamts wünscht sich nun eine neue Truppe, um Drogenabhängige stärker zu kontrollieren und Anwohner vor Belästigung zu schützen. Mit einem Antrag auf die Einrichtung einer neuen zehnköpfigen Dienstgruppe des Ordnungsamts ist Kilp zwar vor dem Verwaltungs- und Rechtsausschuss des Rates gescheitert. In einer neuen Ausschussvorlage will er aber auf mehr Personal beharren.
„Die Idee wird weiterverfolgt“, sagt Kilp. Gerade an Brennpunkten wie Kalk, dem Eigelsteinviertel und am Neumarkt häuften sich Beschwerden der Anwohner über aggressive Drogenabhängige. 300.000 Euro pro Jahr soll die Stadt für die neuen Sheriffs bereitstellen, die Platzverweise aussprechen, Drogen sicherstellen und sogar Personen vorübergehend in Gewahrsam nehmen dürfen.
Eine gänzlich neue Strategie in der Drogenpolitik sei aber nicht geplant, sagt Kilp: „Wir gehen nicht nur restriktiv vor.“ So patrouillierten in Köln bislang erst 80 Ordnungshüter in der Drogenszene, in Düsseldorf seien es dagegen 120. „Auf unsere Einwohnerzahl hochgerechnet, müssten wir eigentlich 180 Leute haben.“ Drogenhilfeeinrichtungen weisen den Vorstoß der Stadt zurück. „Es wird bereits jetzt intensiv genug vertrieben. Das Geld kann man besser für Hilfe ausgeben“, sagt Bernd Lemke vom Kölner Junkiebund. Lemke sieht in der städtischen Drogenpolitik einen generellen Trend hin zu mehr Repression – nicht zufällig wird in der Beschlussvorlage der Verwaltung darauf hingewiesen, dass die „Aktion Wintercheck“ nur der „Auftakt“ einer Kontrolloffensive auf dem Weg zum Titel „Sicherste Großstadt 2010“ sei. „Die Politik sollte sich am Beispiel Bonn orientieren“, sagt Lemke. Die Duldung von Junkies am Bonner Loch funktioniere seit Jahren gut.
Auch die Politik sieht Kilps Idee kritisch: „Köln braucht keine Drogensheriffs“, erklärt PDS-Ratsherr Jörg Detjen, sein grüner Kollege Ossi Helling spricht von einem „völlig verkehrten Weg“, auch SPD und Teile der CDU sind skeptisch. „Zur Zeit herrscht in der Kölner Drogenpolitik eine Ausgewogenheit zwischen Kontrolle und Hilfe“, sagt Ratsherr Helling. Auch der Sozialarbeiter Wolfgang Scheiblich vom Sozialdienst katholischer Männer (SKM), der den einzigen Kölner Druckraum am Hauptbahnhof betreibt, bescheinigt den Behörden eine gute Kooperation und sieht die Zukunft gelassen: „Ich halte es für ausgeschlossen, dass durch diese Aufrüstung die große Verfolgung beginnt.“