: Zehn Jahre Sanierungshilfe
In seinem Urteil vom 27.5.1992 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Bund und Länder im Rahmen des „bündischen Prinzips“ verpflichtet sind, Ländern in einer extremen Haushaltsnotlage Hilfen „zur Stabilisierung ihrer Finanzlage“ zu geben. In den darauf folgenden politischen Verhandlungen wurde für das Bundesland eine Summe von 9,3 Milliarden Mark vereinbart, die in Raten bis 1997 gezahlt werden. „Das Sanierungsprogramm führt dazu, dass Bremens Schuldenstand auf 10,4 Milliarden DM sinkt.“ Das wären am Ende der Sanierungsphase 1998 etwa 15.000 Mark pro Einwohner gewesen.
Die Sanierungshilfen wurden 1998 noch einmal verlängert – bis zum Jahre 2004 flossen weitere 7,7 Milliarden Mark.
Dass die 1992 gesetzten Ziele auch bis 2004 nicht erreicht werden würde, ist lange absehbar gewesen – im taz-Archiv ist das nachzulesen.
taz Bremen 25.10.1995
Die neuen Steuerschätzungen nötigen den Finanzsenator zu dem Bekenntnis: „Keine einzige Mark“ wird im Jahr 1995 von der 1,8 Milliarden-Sanierungshilfe zur Schuldentilgung übrig bleiben. Im Wahlkampf hatte Ulrich Nölle (CDU) noch lauthals 600 Millionen Mark Schuldenabbau pro Jahr gefordert.
taz Bremen 3.1.1997
Das Sanierungskonzept, wie es bisher geplant war, ist nicht mehr haltbar. Irgendwann muss man den Leuten reinen Wein einschenken. Die Staatsverschuldung steigt nicht, weil das Haushaltsdefizit einigermaßen im Rahmen der Bonner 1,8 Milliarden gehalten werden kann. Das bedeutet jedoch schlicht: Wir würden auf Dauer diese Sanierungsmilliarden brauchen, jedes Jahr. Da das illusorisch ist, müssen wir den Mut haben zu sagen: Wir kommen mit dem Sanierungs- und Investitionsprogramm nicht weiter. Scherf hat die Probleme finanzpolitisch unverantwortlich bagatellisiert. (Rudolf Hickel im Interview)
taz Bremen 16.1.1999
Gerhard Schröder ist Gast beim Neujahrsempfang des Senats. Bürgermeister Henning Scherf (SPD) nutzt die Gelegenheit, um sich beim Kanzler zu bedanken. 7,7 Milliarden Mark zusätzlicher Sanierungshilfe hat der Bund dem Land Bremen diese Woche bis 2004 zugebilligt. „Das ist eine riesige Chance“, sagt Scherf. Das Land sei auf dem richtigen Weg. „Bremen liegt beim Wirtschaftswachstum und bei den Steuereinnahmen an der Spitze aller Bundesländer.“ Der trockene Kommentar des Kanzlers: „Wenn Bremen überall an der Spitze liegt, frage ich mich, warum braucht ihr unsere Kohle eigentlich?“ Gelächter.
taz Bremen 10.9.2001
Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) ist stocksauer auf den Rechnungshof des Landes Bremen. „Der sitzt ganz offensichtlich zu viel in seinen Amtsstuben.“ Der Rechnungshof „redet die erfolgreiche und schwierige Sanierungspolitik kaputt“, so Perschaus Vorwurf. In der Tat sind die Experten des Rechnungshofes von den stadtbremischen Baustellen nicht besonders beeindruckt. Ihr Fazit: „Der Betriebsverlust für das Haushaltsjahr 2000 entspricht nahezu dem Verlust des Jahres 1994, dem Beginn des Sanierungszeitraumes.“ „Jeder, der sehen will, wird erkennen, dass es in Bremen und Bremerhaven aufwärts geht“, konterte der Finanzsenator, „überall brummt es“. Nur wer „mit geschlossenen Augen durch die Stadt geht“, könne das übersehen.