: Die Furcht vor den Grizzlys
Team der Woche: Die Berliner OSC Eisladys unterliegen mal wieder den „Lady-Kodiaks“ des TV Kornwestheim. Jetzt wollen sie den Pokal wieder zurückholen. Um den Titel im Frauen-Eishockey zu gewinnen, müssen sie aber vor allem mental zulegen
VON MARCUS VOGT
Der Kodiak, ein bis zu drei Meter großer und etwa 800 Kilo schwerer Ableger des Braunbären, ist im fernen Alaska beheimatet. Doch das Landraubtier hat auch in unseren Breiten eine feste Adresse. In Gestalt des TV Kornwestheim und äußerst feminin fährt es seine Pranken in den hiesigen Eishockey-Stadien aus. „Lady-Kodiaks“ werden sie genannt, die schwäbischen Eishockeyspielerinnen.
Ihr jüngstes Opfer: die OSC-Eisladies, die sich fest vorgenommen hatten, den viermaligen Meisterinnen in Folge ein Bein zu stellen. Durch konsequentes Forechecking sollte der Spielaufbau der Kornwestheimerinnen gestört werden. Die Berlinerinnen konnten den Titelverteidigerinnen am Samstag im Erika-Hess-Eisstadion aber nicht das Fell über die Ohren ziehen. Bei der 3:4 (1:2, 2:1;0:1)-Pleite in der Zwischenrunde der Frauen-Eishockey-Bundesliga gingen die Süddeutschen schon nach neun Sekunden in Führung.
Wie schon am letzten Wochenende, als die Eisladys in Kornwestheim mit 1:6 platt gewalzt wurden. „Dieses Spiel lag mir sehr im Magen, jetzt bin ich ruhiger, denn wir haben dagegengehalten“, sagte OSC-Stürmerin Susann Götz mit Blick auf das hochklassige zweite Drittel, dass die Vizemeisterinnen gewannen.
Die Süddeutschen mussten ihrerseits Ausfälle kompensieren, unter anderem den von Stammtorhüterin Stefanie Wartosch-Kürten. „Es ist eine Rückenverletzung, mehr sage ich nicht“, erklärte ihr Vater Peter Kürten, der Kodiak-Trainer. Spekulationen, dass damit das Karriereende der Weltklassetorhüterin bevorsteht, schießen ins Kraut. Auch die 22-jährige OSC-Stürmerin Götz war nicht auf Draht, ihre wenigen Chancen verpatzte die Sportsoldatin und konnte ihre Stärke, den mächtigen Zug zum Tor, nie ausspielen.
Insgesamt klappte das kräftezehrende Forecheking dann nicht wie geplant, weil die Berlinerinnen nicht konsequent die Außenbahnen abdeckten. Das seit dieser Saison agierende Trainerduo Michaela Hildebrandt und Sandra Kinza hatte zudem die Paradereihe, bestehend aus den Nationalspielerinnen Götz, Anja Scheytt und Claudia Grundmann, auseinander genommen, um durch Grundmann die zweite Reihe zu stärken. Aber auch diese Umstellung brachte nicht den gewünschten Effekt, weshalb die Trainerinnen das Experiment im letzten Drittel abbrachen. Zudem kamen die Kornwestheimerinnen zu oft auf Höhe der Bullypunkte zum Schuss.
„Wir haben uns zu sehr auf die Scheibe statt auf den Gegner konzentriert“, meinte Kinza und ließ durchblicken, dass ihre Spielerinnen zu viel Respekt vor den Kodiaks haben. „Es ist mittlerweile ein mentales Problem“, meint auch Kinzas Vorgänger, Robert Köppen. Die Ursache liege in den Finalniederlagen der letzten drei Jahre, bei denen die Eisladys stets den Kürzeren zogen. Noch sechs Wochen bleiben dem OSC, der trotz der beiden Pleiten für die Endrunde qualifiziert ist, um den Schalter für das Finale umzulegen. Vielleicht gibt’s doch eine Lösung: Die Endrunde findet diesmal in Kornwestheim statt, und in den vergangenen Jahren konnten Gastgeber den Heimvorteil nie nutzen. Genau darauf setzt Stürmerin Götz: „Bei uns haben die Kodiaks letztes Jahr den Titel geklaut, jetzt holen wir den Pokal bei denen.“ Bleibt zu hoffen, dass sich mentale Probleme so einfach lösen lassen.