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Archiv-Artikel

Roma nicht auf der Tagesordnung

INNENMINISTERKONFERENZ Demnächst will Niedersachsen 3.500 Roma in den Kosovo abschieben. Ihre Proteste in Bremerhaven hatten keinen Erfolg – über sie zu sprechen, war nicht geplant

Die Arbeitslosigkeit von Roma im Kosovo liegt über 90 Prozent

Es gab keine Bannmeile und so konnten die rund 150 Roma direkt am „Sail City“-Hotel, dem Ort der Innenministerkonferenz (IMK) vorbei demonstrieren. Sie waren am Donnerstag nach Bremerhaven gekommen, um dagegen zu protestieren, dass der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) in diesen Tagen beginnen will, sie in den Kosovo abzuschieben.

„Roma leben dort unter elenden Bedingungen,“ sagte Djeved Berisha, der Sprecher von „Romane Aglonipe“ aus Hannover. Das sehe auch die UN-Verwaltung UNMIK so. Die alten Roma-Siedlungen im Kosovo seien zerstört oder von Angehörigen anderer Ethnien in Beschlag genommen. Roma müssten auf der Straße oder in Lagern leben und seien immer wieder rassistischen Angriffen ausgesetzt, die bis zu Pogromen reichten. Die Regierung des Kosovo sei nicht in der Lage, den Schutz der Roma zu gewährleisten. Zudem drohe Abgeschobenen bittere Armut: „Die Arbeitslosigkeit unter den Roma liegt im Kosovo bei über 90 Prozent,“ sagt Berisha. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe vor Kurzem festgestellt, dass viele der Roma-Lager schwer mit Umweltgiften belastet seien.

Rund 3.580 ausreisepflichtige Roma leben in Niedersachsen. Sie alle stammen aus dem Kosovo und sind seit den frühen 90er Jahren vor den Bürgerkriegen in Ex-Jugoslawien nach Deutschland geflohen. Die Bundesrepublik verhandelt mit der kosovarischen Regierung über ein Rückübernahmeabkommen. Niedersachsen gilt als die treibende Kraft unter den Bundesländern.

„Wir bitten Sie – setzen Sie sich dafür ein, dass auf der IMK ein Abschiebestopp für Roma beschlossen wird“ beendeten die Roma ihren Appell, den sie in Form eines Briefes an den Staatssekretär des Bremer IMK-Vorsitzenden Ulrich Mäurer (SPD) übergaben. Doch ihre Hoffnungen wurden enttäuscht: Auf der Abschlusspressekonferenz der IMK war von einem Abschiebestopp für Roma keine Rede. „Das Anliegen ist weitergeleitet worden, man hat das aber nicht zum Anlass genommen, die Tagesordnung zu ändern“, sagte der Sprecher von Ulrich Mäurer, Rainer Gausepohl. CHRISTIAN JAKOB