: Glänzendes Geschäft, aber höchst gefährlich
Schon fünf Jahre ist es her, dass aus einer rumänischen Goldmine Zyanidlauge auslief und die Umwelt vergiftete. Geändert hat sich seitdem wenig: Die Bevölkerung ist noch immer gefährdet. Denn Unfälle sind an der Tagesordnung
BERLIN taz ■ Der Unfall ereignete sich fast pünktlich zum fünften Jahrestag der Zyanidkatastrophe in Nordrumänien: Vor wenigen Tagen flossen über den Abwasserkanal einer Raffinerie in Südrumänien tonnenweise Dieselöl in die südrumänischen Flüsse Prahova und Ialomita und verseuchten sie auf einer Länge von etwa 70 Kilometern. Kein bloßer Zufall.
Nahezu ständig gibt es in Rumänien kleinere und größere Giftunfälle, bei denen Chemikalien aus Fabriken oder Bergwerken in Flüsse gespült werden oder Boden großflächig überfluten. Der schlimmste des letzten Jahres: Im März flossen mehrere Tonnen Zyanid und Ammoniak aus Tanks einer stillgelegten Waschmittelfabrik in den ostrumänischen Fluss Siret.
Erst seit der verheerenden Zyanidkatastrophe in der nordrumänischen Stadt Baia Mare sind solche Unfälle überhaupt Thema in der rumänischen Öffentlichkeit. Damals – in der Nacht zum 31. Januar 2000 – brach der Staudamm eines Abwassersees der australisch-rumänischen Goldfirma Aurul in Baia Mare: Etwa hunderttausend Tonnen zyanid- und schwermetallhaltige Abwässer flossen aus.
Drei Wochen lang wälzte sich eine Todesflut durch die Theiss und die Donau bis ins Schwarze Meer – in Rumänien, Ungarn und Serbien verursachte sie ein Massensterben von Fischen und anderen Tierarten in den betroffenen Flüssen.
Zeitweise musste für Hunderttausende Menschen in der Region die Trinkwasserversorgung unterbrochen werden. Gut einen Monat später gelangten bei einem Unfall nach demselben Muster und in derselben Gegend 20.000 Tonnen schwermetallhaltiger Klärschlamm in die Theiss. Verantwortlich dafür war die staatliche rumänische Bergbaugesellschaft Remin.
Fünf Jahre danach ist die Bilanz unerfreulich. Es gebe weiterhin Probleme mit der australisch-rumänischen Goldfirma, sagt die Umweltschützerin Edit Pop aus Baia Mare, die den Verein „Ecologic“ leitet. Zwar habe die Firma die Staudämme ihres Abwasserbeckens verstärkt, doch die Anwohner würden weiterhin unter starken Zyaniddämpfen leiden. „Es wäre das Beste, die Anlage zu schließen, doch das wird leider nicht geschehen“, so Edit Pop.
Auch in dem vor fünf Jahren schwer betroffenen Ostungarn sehen Umweltschützer keinen Anlass zur Entwarnung. „Äußerlich scheint alles in Ordnung“, so der Biologe Robert Benedek Sallai, der als Mitarbeiter des Ungarischen Naturschutzbundes (MTSZ) die Folgen der Zyanidkatastrophe untersucht. „Aber der Schein trügt. Wir messen in der Theiss und den damals überfluteten Gebieten noch immer hohe Schwermetallkonzentrationen.“
Auch der Prozess des ungarischen Staates gegen die australisch-rumänische Goldfirma, der seit vier Jahren vor dem Budapester Stadtgericht geführt wird, kommt kaum voran. Aurul hatte sich nach dem Unfall in Transgold umbenannt und sieht sich nicht als Rechtsnachfolger der Verursacherfirma. „Transgold betreibt eine Verzögerungstaktik, um keinen Schadenersatz zahlen zu müssen“, sagt András Szecskay, der Anwalt des ungarischen Staates. Momentan ist noch nicht einmal entschieden, ob der Prozess nach ungarischem oder rumänischem Recht geführt werden soll.
In dem westrumänischen Dorf Rosia Montana arbeitet eine kanadisch-rumänische Firma unterdessen am Bau eines der größten Zyanid-Goldbergwerke Europas. Rumäniens im Dezember abgewählte wendekommunistische Regierung hatte das Projekt der Rosia Montana Gold Corporation ursprünglich genehmigt. Auf Druck Ungarns und auf EU-Kritik hin versprach der neue Regierungschef Calin Popescu Tariceanu kürzlich jedoch, man werde das Projekt noch einmal „nach allen Umwelt- und nach EU-Kriterien prüfen“. KENO VERSECK