Familienmenschen sind glücklicher

Allensbach-Umfrage ergibt: Die Familie ist den Deutschen wichtig, sie gilt als Quelle des Glücks. Gerade Kinder machen froh – zumindest, solange sie noch Babys sind. Danach stehen Eltern auch nicht besser da als kinderlose Paare

BERLIN taz ■ Er gilt als gängiger Vertreter der heutigen Gesellschaft: der Familienmuffel. Freunde sind ihm lieber als Bruder oder Cousin. Sein Familienbedürfnis beschränkt sich auf eine Geburtstagspostkarte. Gestern aber wartete das konservative, unionsnahe Allensbach-Institut mit einer Umfrage auf, die ein anderes Bild entwirft: Demnach empfindet fast jeder Zweite eine „tiefe Zuneigung“ zu seiner Familie. Drei von vier Deutschen leben nahe den Verwandten. Sieben von zehn schätzen das gemeinsame Mahl. Die Familie – sie gilt 60 Prozent der Deutschen als Quelle des Glücks.

Gewandelt hat sich hingegen, was der Einzelne unter „seiner Familie“ versteht. Früher war das vor allem die selbst gegründete Familie: der Mann, die Frau, das Kind. Heute denken die Befragten eher an ihre Herkunftsfamilie als Hort der Geborgenheit. Begünstigt wird dies durch die gestiegene Lebenserwartung. Vielen bleibt bis ins Rentenalter die eigene Kinderstube erhalten: Mehr als die Hälfte der Deutschen haben noch Vater oder Mutter, wenn sie selbst schon in den Sechzigern sind.

Auch das Bild, was denn als Familie gilt, hat sich verändert. Vor fünf Jahren noch mochte lediglich die Hälfte der Befragten auch Unverheiratete mit Kind als Familie bezeichnen. Heute sind es schon 63 Prozent. Auch sonst bestätigt die Umfrage eine Tendenz: Familie wird vermehrt als Gefühlsgemeinschaft definiert – und nicht über den Trauschein und gemeinsame Gene. Nur jeder Dritte findet, dass die klassische Vater-Mutter-Kind-Familie glücklicher mache als andere Lebensformen.

Für alle Familienformen aber gilt: Die Deutschen sind bereit, viel Zeit in sie zu investieren. Im Schnitt haben sie nicht nur Bindungen zu Eltern und Geschwistern, sondern auch zu ein bis zwei entfernteren Verwandten. Der Aufwand lohnt, ermittelten die Allensbach-Interviewer: Familienmenschen bezeichnen sich häufiger als andere als glücklich.

Der Glückspegel schwankt jedoch je nach Lebensphase. Säuglinge berauschen, fand die Umfrage heraus. Nie sind Eltern so selig wie in der Babyzeit. 45 Prozent bezeichnen sich dann als „sehr glücklich“, 70 Prozent berichten gar, sich unlängst „wie im siebten Himmel“ gefühlt zu haben. Wenn das älteste Kind seinen zwölften Geburtstag feiert, ist die Hochstimmung allerdings vorbei. Dann sind Eltern auch nicht glücklicher als kinderlose Paare.

Sollten die Deutschen also Babys zeugen als Weg zum Lebensglück? Das können die Allensbach-Forscher so dann doch nicht bejahen. Ein „automatischer Zusammenhang“ von Familie und Glück sei nicht festzustellen. Denn glücklich nannten sich vor allem diejenigen, die auch tatsächlich Zeit mit der Familie verbringen – etwa jene sechs von zehn Teenager-Eltern, die Familienausflüge machen. Zerbricht aber die Partnerschaft, ist auch der Glücksvorsprung durch Familie dahin. Jede dritte allein Erziehende bezeichnete sich als „sehr zufrieden“ mit ihrem Leben. Diesen Wert hätte sie auch ohne Mutterfreuden erreicht. COSIMA SCHMITT