: In der Arbeitsmarktfalle
Minijob, Ich-AG, Jobfloating – keine der rot-grünen Initiativen bringt mehr Jobs. Das ist ernüchternd für Verantwortliche wie Betroffene
AUS BERLINULRIKE HERRMANN
So hatte sich Wirtschaftsminister Wolfgang Clement das nicht vorgestellt: Noch im Herbst prognostizierte der SPD-Politiker, man werde „bald auch eine Trendwende am Arbeitsmarkt erleben“. Wohlgemerkt: bald. Stattdessen legt die Bundesagentur für Arbeit heute ihre neuesten Daten für Januar vor – und schon vorab sah sich der Wirtschaftsminister gezwungen, die Wähler auf eine mögliche Rekordmarke von rund 5 Millionen Arbeitslosen vorzubereiten (siehe Kasten).
Doch Clement ist bekannt für seinen Optimismus: Wenn die Trendwende noch nicht eingesetzt hat, dann kann das in seinem Weltbild nur bedeuten, dass sie demnächst eintritt. Die Chancen für mehr Beschäftigung seien „so günstig wie seit Jahren nicht mehr“, prognostizierte er erst letzte Woche im Bundestag. 2006 soll sich die Lage am Arbeitsmarkt „kräftig und nachhaltig“ bessern. Aber wie wahrscheinlich ist diese Prognose? Bisher haben die angekündigten Allheilmittel der rot-grünen Regierung stets versagt. Eine Auswahl:
Minijobs zum Beispiel sind sehr beliebt. Doch von ihnen profitieren vor allem Rentner, Hausfrauen und Studenten. Arbeitslose hingegen werden eher selten eingestellt. Gleichzeitig, so warnt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, würden reguläre Teil- und Vollzeitstellen nun in mehrere Minijobs umgewandelt.
Auch die Ich-AGs boomen. Die Idee klingt gut: Der Arbeitslose schafft seine Arbeit selbst. Eine Evaluation der Gründungseuphorie steht noch aus, doch Bonner Forscher prognostizierten in einer Studie, dass die Ich-AGs vor allem andere Firmen verdrängen dürften – wenn sie Glück haben. Sonst gehen sie selbst ein.
Vom Jobfloater spricht schon niemand mehr. Wenn Unternehmen einen Arbeitslosen beschäftigten, konnten sie einen zinsgünstigen Kredit von bis zu 100.000 Euro beantragen. Damit wollte Clement allein 2003 etwa 50.000 neue Stellen schaffen. Doch nach einem Jahr gab er das Programm auf – wegen Erfolglosigkeit.
Auch die Vermittlungsgutscheine enttäuschen. Sie gestatten seit knapp drei Jahren Arbeitslosen, private Arbeitsvermittler einzuschalten. Bis Ende November hatten die Arbeitsagenturen 1,36 Millionen Gutscheine ausgegeben – nur 98.100 wurden eingelöst, weil Arbeitslose tatsächlich eine Stelle gefunden hatten. Allerdings verloren viele ihren neuen Job verdächtig schnell: massiver Missbrauch nicht ausgeschlossen.
Für Jugendliche gab es zwischen 1999 und 2004 das Jump-Programm, das Hunderttausende durchliefen. Dennoch fanden nur wenige hinterher einen Job – selbst wenn sie eine qualifizierte Ausbildung besaßen. In einer Begleitstudie stellte das IAB-Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit enttäuscht fest, man könne „nur bedingt“ die „marktbedingten Nachfragedefizite kompensieren“. Übersetzt: Arbeitsmarktmaßnahmen schaffen keine Jobs, wenn das Wachstum fehlt.
Insofern ist sparsamer Pragmatismus nur konsequent: Die Regierung setzt künftig vor allem auf die relativ billigen 1-Euro-Zusatzjobs, um die Langzeitarbeitslosen „zu fördern“. Selbst Clement erwartet nicht, dass daraus langfristige Beschäftigung entsteht. Aber kurzfristig könnte die Arbeitslosenstatistik um bis zu 600.000 Menschen bereinigt werden. Auch das ließe sich „Trendwende“ nennen.