Blindlings knüppelnd

MASCHINEN Die Roboterheere des israelischen Künstlers Guy Zagursky

Eine endlose Reihe parkender, blitzblank polierter Polizeimotorräder wartet lässig und zugleich mit unterschwelliger Aggression gespickt darauf, mit Getöse loszupreschen. In schwarzer Ledermontur thronen die Beamten auf ihren Motorradrücken, die Hände bereits startklar am Lenker platziert. Auf das Einsatzkommando wartend, posieren nur zu Beginn der langen Reihe zwei der schwarz Uniformierten vor ihren Rädern, die schwarzen Handschuhhände links und rechts am Pistolengürtel aufgestützt.

Sehr wahrscheinlich wird, wer dieses Motiv der Einladungskarte im Kopf hat, für einen Moment verdutzt auf die nüchterne Präsentation starren, die der israelische Künstler Guy Zagursky im Rahmen des Internationalen Atelierprogramms im Künstlerhaus Bethanien fabriziert hat. Nichts scheint von der Angriffslustigkeit der Motorradreihe übrig geblieben zu sein. Einzig das Moment der Reihung erinnert an die Aufstellung auf der Karte: Links und rechts an den Wänden sind acht jeweils identische Skulpturen nebeneinander angebracht worden.

Beim Herantreten an die selbst konstruierten Maschinen rechts, die je aus einem Metallarm mit Schlagstock, Plexiglasschild und Motor bestehen, wird plötzlich ein ohrenbetäubender Lärm entfacht. Im Stakkato schlagen die schwarzen Knüppel anfallartig gegen die durchsichtigen Schilde, bis sie sich abrupt wieder beruhigen, wenn das Umfeld der eingebauten Sensoren verlassen wurde.

Verlust der Kontrolle

„Syncope“, wie der 1972 in Tel Aviv geborene Künstler seine Ausstellung nennt, meint in der Medizin – umgangssprachlich auch als Kreislaufkollaps bezeichnet – eine plötzlich einsetzende, kurz andauernde Bewusstlosigkeit, die mit einem Verlust der Haltungskontrolle einhergeht und ohne besondere Behandlungsmaßnahmen spontan wieder aufhört. Ein Kontrollverlust scheint vom Ablauf her zu passen, womit aber haben wir es hier inhaltlich zu tun? Mit Schlagstöcken im Polizeieinsatz? Wieso sind sie aber gegen die eigenen Schilde gerichtet?

An der benachbarten Wand wird mit einem anders gearteten Roboterheer aufgewartet. Rollende Kugelspitzen befinden sich an langen, bis auf den Boden herabhängenden Stöcken. Bei zu großer Annäherung beginnen diese unerträglich wild auf dem Boden hin und her zu pendeln. Diesmal bezieht sich die Maschinerie wohl auf den Langstock, der Blinden als Orientierungsmittel das Sehen im Nahbereich ersetzt. Je nachdem wie viele Menschen sich gleichzeitig um die Installation herum aufhalten, vereinen sich die synkopisch, laut auf dem Boden scharrende Blindenstöcke mit den Schlagstockgeräuschen zu einem fast unerträglich hektischen und abgehackten Klang.

Zusammengenommen könnten beide Stockgewitter so etwas wie eine Kritik an blindlings knüppelnden Polizeitrupps darstellen, ein Vorwurf, der gerne von Demonstranten geäußert wird. Andererseits reagiert keins der Systeme vorsätzlich, sondern nur, wenn man ihm zu nahe tritt. Dann aber wird gnadenlos zugeschlagen oder wild über den Boden gefuchtelt, doch die Aggression ist gewissermaßen an der Wand festgezurrt, sie kann lediglich eine auf Abschreckung basierenden Sicherheitsbarriere erzeugen. Auf eine abstrakte Art werden mit dieser konzeptuellen Apparatur Machtspiele untersucht, die im Widerspruch und zugleich im Bezug zueinander stehen und inmitten deren die Menschen gefangen zu sein scheinen. Ein groteskes Bestreben nach Macht wird so von Guy Zagurskys ironisch-kämpferischer Installation auf den Punkt gebracht. JULIA SCHNEIDER

■ Guy Zagursky, „Syncope“, bis 19. Juni, Studio 3, Künstlerhaus Bethanien, Mariannenplatz 2, Mi.–So. 14–19 Uhr