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Archiv-Artikel

Kommunalwahl ohne Frauen in Saudi-Arabien

Nicht alle Aktivistinnen sehen es als ein großes Problem an, dass sie am Donnerstag nicht mit an die Urnen dürfen

JIDDAH taz ■ Zum ersten Mal seit den Kommunalwahlen im Jahr 1924 können Männer in Saudi-Arabien am kommenden Donnerstag wählen gehen. In der Region Riad soll die Hälfte der Mitglieder der Gemeinderäte bestimmt werden; die anderen Regionen des Landes werden in den nächsten Monaten folgen. „Dies ist ein gewaltiger Schritt für das Land und die Bevölkerung, es kann und darf nichts überstürzt werden“, beschreibt Ussama K., Mitglied der Madschlis al-Schura, einer Art ernanntem Parlament, diesen Versuch vorsichtiger Reformen.

Von Überstürzung kann in der Tat keine Rede sein. Als im Oktober vergangenen Jahres entschieden wurde, dass Frauen aus „rein organisatorischen Gründen“ nicht an den Wahlen teilnehmen dürften, war das für viele, die aktiv für dieses Recht stritten, eine große Enttäuschung. Hatoun al-Fassi, Historikerin an der König-Saud-Universität in Riad, gehört zu denjenigen, die fest damit gerechnet hatten, das aktive und passive Wahlrecht für Frauen erkämpfen zu können. „Es ist absurd. Diese Wahl ist eine neue Erfahrung für Männer und Frauen“, schimpft al-Fassi. „Es ist weder gerecht noch logisch, wenn sich nur eine Seite beteiligen darf.“ Noch ist allerdings nicht völlig ausgeschlossen, dass die Frauen an den späteren Runden der Kommunalwahlen teilnehmen können.

Doch nicht alle engagierten Frauen finden es schlimm, dass sie diesmal nicht mit dabei sind. „Diese Verzögerung ist in unserem Sinne. Die Männer werden so manche Fehler machen, die wir Frauen später vermeiden können“, meint Hedajah Darweisch, die Chefredakteurin der Frauen-Internetzeitung „Hedia.net“.

Auch die Unternehmerin Alia Ba Najah möchte nicht von einer „voreiligen Benachteiligung“ der Frauen bei den Wahlen sprechen. Ein derartiger Prozess bedürfte einer guten Vorbereitung und der Erfahrung auf zahlreichen Gebieten, um mit den Männern gleichziehen zu können, glaubt sie. Frauen dürften es „nicht als beschämend empfinden, weil der saudische Mann jahrelang an einer Entwicklung teilgenommen hat, die den Frauen vorenthalten wurde“. Im Moment seien die Frauen noch nicht „reif“ für eine Beteiligung an den Wahlen. Außerdem gebe es keine geeigneten Kandidatinnen. „Wir sollten die Gelegenheit nutzen und uns auf die nächsten Wahlen vorbereiten, indem wir die Frauen aufklären“, meint Ba Najah.

Da ist Hissa al-Oun, Vizepräsidentin des Verbandes der Unternehmerinnen der Golfstaaten, anderer Auffassung. Sie glaubt, dass die saudischen Frauen durchaus ihre Fähigkeiten – auch auf internationaler Ebene – unter Beweis gestellt haben. Daher könnten sie sich auch der „Herausforderung“ der Wahlen stellen.

Wenn man die Erfahrung der Wahlen zur Industrie- und Handelskammer in Riad im vergangenen Herbst zugrunde legt, muss man allerdings feststellen, dass nur wenige Frauen daran teilgenommen haben – angeblich, weil die Kandidaten „nicht geeignet“ waren –, obwohl sie das Recht dazu hatten. Und auch die fünf Kandidatinnen, die von den Aktivistinnen zunächst für die Kommunalwahlen nominiert worden waren, hielten viele für „nicht geeignet“, ihre Äußerungen für nichts sagend und ihre Auftritte wenig überzeugend. Die Aussage einer Kandidatin beschränkte sich im Grunde auf den Satz „Ich möchte gewählt werden“, ohne dass sie eine zusammenhängende Ansprache halten konnte, ein inhaltliches Programm vorstellte oder darlegen konnte, wie die Frauen sich für ihr Wahlrecht einsetzen können. Doch dies hängt weniger mit der Unterdrückung der Frauen zusammen als vielmehr mit der generellen Unerfahrenheit mit den demokratischen Spielregeln. DAHLIA RAHAIMY