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Archiv-Artikel

Erster Schleuser gesteht

Prozess gegen Menschenhändler, die 380 Chinesen unter schlimmen Bedingungen nach Europa gebracht haben

BOCHUM dpa/taz ■ Im Prozess gegen sieben mutmaßliche Mitglieder einer chinesischen Schleuserbande hat der Hauptangeklagte (27) gestern ein Geständnis abgelegt. Nach eigenen Angaben hat der Mann Ende 2003 damit begonnen, für die Bande zu arbeiten. Es sei seine Aufgabe gewesen, in Deutschland Helfer anzuheuern und den Weitertransport der illegal reisenden Chinesen in andere EU-Länder zu organisieren. Die Anweisungen will der 27-Jährige von einem Chinesen aus Prag erhalten haben, der die Aktivitäten der Gruppe in Deutschland steuert. Insgesamt sollen die Angeklagten 380 Landsleute nach Europa eingeschleust haben.

Der Transport der illegalen Einwanderer fand nach Angaben des Hauptangeklagten unter schlimmen Bedingungen statt. Zum Teil müssten sich bis zu 20 Personen rund zehn Stunden auf den Boden eines Lieferwagen hocken. Die Fensterscheiben seien mit Papier abgeklebt gewesen, und Pausen habe es keine gegeben. „Wir haben auf dem Boden gekniet“, erklärte der 27-Jährige, der im September 2003 ebenfalls als illegaler Einwanderer nach Europa kam. Die Notdurft habe man in Plastiktüten verrichtet, die vorher ausgeteilt worden seien.

Die Fahrtroute führte zunächst von Peking über Moskau, dann über die Ukraine, die Slowakei und Tschechien nach Deutschland. Für den geheimen Transport seien rund 10.000 Euro fällig gewesen. Bezahlt wurde in Etappen aus der Heimat. „Das haben die Familien übernommen“, erklärte der 27-Jährige im Prozess. Sobald ein bestimmter Reisepunkt erreicht worden sie, wurde für den nächsten Abschnitt bezahlt. Die Staatsanwaltschaft wirft den sieben Angeklagten 24 Schleusungen zwischen September 2003 und August 2004 vor. Die 10. Strafkammer hat für den Prozess zunächst noch zehn Verhandlungstage bis zum 19. April angesetzt.

Schon im Frühjahr 2003 waren im Rheinland Schleuser verhaftet worden, die Frauen zur Prostitution nach Deutschland gebracht hatten. Die Einwanderer hätten unter der schwierigen Reise von China über Russland, Weißrussland, die Ukraine, Moldawien, die Slowakei und Tschechien nach Deutschland sehr gelitten. Die Bande sei seit Januar beobachtet worden und habe in dieser Zeit 119 Menschen nach NRW gebracht.