Ohne Irakkrieg wäre Nordkorea nicht auf Atomwaffen angewiesen
: Lebensgefährliche Paranoia

Nordkorea erklärt, die Atomwaffe zu haben. Iran will auf Urananreicherung nicht verzichten. Ist der Versuch gescheitert, die weitere Verbreitung atomarer Waffen über Israel, Indien und Pakistan hinaus durch Diplomatie und internationale Verträge zu verhindern? Helfen nur noch militärische Schläge gegen die „Schurkenregime“ in Pjöngjang und Teheran, wie neokonservative Hardliner in Washington seit langem suggerieren?

Keineswegs. Richtig ist: Die Regierungen Nordkoreas und Irans haben die Welt jahrelang hinters Licht geführt. Heutigen Erklärungen und Versprechungen dieser beiden Regierungen blind zu vertrauen, ist naiv und gefährlich. Richtig ist aber auch, dass in beiden Ländern die Bestrebungen nach einer eigenen Atombewaffnung durch die Bedrohung von außen massiv gefördert wurden.

Im Frühjahr 2001 wurden Iran und Nordkorea – gemeinsam mit Irak – von der Bush-Administration als „Achse des Bösen“ tituliert. Seitdem haben die USA beide Staaten mehrfach zu einem potenziellen Ziel präventiver konventioneller und nuklearer Militärschläge erklärt. Die Regierung Nordkoreas hat dies kaum anders interpretieren können denn als Aufkündigung der vertraglichen Nichtangriffsgarantien, die sie im Oktober 1994 von der Clinton-Administration erhalten hatte; damals im Gegenzug für den Verzicht auf Atomwaffen. Der Irakkrieg hat die Bedrohungslage aus der Sicht Pjöngjangs und Teherans verschärft. Er hat die Illusion gestärkt, nur eine eigene Atombombe könne verlässlichen Schutz bieten.

Selbst wer darin eine unbegründete Paranoia sieht: Sie wird als Faktor ernst genommen und überwunden werden müssen. Iran und Nordkorea werden nur auf Atomwaffen verzichten, wenn sie völkerrechtlich verbindliche Nichtangriffsgarantien der USA erhalten – und wenn ihnen die Unterwerfung unter internationale Kontrollen und der Verzicht auf die Urananreicherung nicht einseitig abverlangt werden. Dies kann nur im Rahmen nichtdiskriminierender multilateraler Abkommen geschehen, die für andere Staaten gleichermaßen gelten. Andreas Zumach