: Bremer Debütanten-Ball
Auch mit einem verletzten, einem gesperrten und einem angeschlagenen Stürmer hat Werder keine Offensiv-Probleme: Gegen erschreckend schwache Gladbacher treffen zwei Liga-Novizen
aus BremenBenno Schirrmeister
Vielleicht gibt es sie ja doch, die ausgleichende Gerechtigkeit im Fußball. In den vorangegangenen beiden Begegnungen mit Hansa Rostock und dem VfL Wolfsburg war Werder Bremen noch eindeutiger Profiteur zweier Schiedsrichter-Fehlentscheidungen. In beiden Partien hätte es Hand-Elfmeter gegen die Grün-Weißen geben müssen.
Im Heim-Match gegen Borussia Mönchengladbach nun übersah das Gespann um Fifa-Referee Helmut Fleischer eine Tätlichkeit mit Verletzungsfolge an Spielmacher Johan Micoud, erkannte bei einem viel versprechenden Konter auf Abseits und unterließ es in der 44. Minute, einen Strafstoß zu pfeifen, der mehr als berechtigt gewesen wäre: Zwei Meter vor dem Tor flog Jeff Strasser, Stollen voran, dem Bremer Topscorer Miroslav Klose in die Waden. Fleischer pfiff ab – und ließ das Spiel durch Freistoß für Gladbach fortsetzen.
Großen Einfluss aufs Ergebnis hatte das nicht. Die Bremer gewannen völlig ungefährdet mit 2:0 und hätten höchstens noch ihre beeindruckende Tordifferenz ausbauen können: Werder, nach dem Wochenende Dritter der Tabelle, hat in der laufenden Saison bereits 45 Tore erzielt, durchschnittlich zwei pro Partie. Und man hat an der Weser, das stellte Trainer Thomas Schaaf am Samstag unter Beweis, auch dann noch genügend Offensivkraft, um diesen Schnitt zu halten, wenn eine der drei Spitzen malad, eine andere gesperrt und die dritte so angeschlagen ist, dass sie zwar mitspielen, aber keine Akzente setzen kann: Neben Miroslav Klose, durch eine Nackenverletzung gehandicapt, brachte der Coach den 18-jährigen Aaron Hunt.
„Aaron hat seine Sache gut gemacht“, bilanzierte nüchtern Trainer Schaaf nach der Partie. Tatsächlich spielte Hunt so respektlos und unbekümmert, wie man das von einem Debütanten erwarten darf: Schon in der 19. Minute hatte die Gladbacher Abwehr ihn nicht unter Kontrolle, als er eine Hereingabe von Fabian Ernst milimeterknapp an Kasey Kellers Gehäuse vorbeischob. Zehn Minuten später erzielte er dann sein erstes Bundesliga-Tor: Eckball, von Petri Pasanen per Kopf passgenau verlängert auf Hunt, der am langen Pfosten lauert. „Der Ball ist direkt auf meinen Fuß gekommen“, so der Youngster, „das war dann nicht mehr so schwer.“
Aber auch den muss man erst einmal machen: Vielleicht trügt ja die Erinnerung, aber der in der Winterpause nach Amsterdam gewechselte Angelos Charisteas war durchaus in der Lage, eine solche Vorlage noch übers Tor zu zwirbeln. Als Ersatz für ihn war im Januar der Ägypter Mohamed Zidan gekommen, der sich jedoch im Vorbereitungsspiel gegen den HSV verletzt hatte.
Am Samstag nun sein erster Auftritt am Osterdeich: In der 80. Minute wird er für Hunt eingewechselt, acht Minuten später hat auch er ein erstes Bundesliga-Tor auf dem Konto. Ein sehenswerter Treffer: Nach scharfem Zuspiel von Daniel Jensen nimmt Zidan, heftig von Craig Moore bedrängt, den Ball volley an, legt ihn sich in der Luft vor und wuchtet ihn am machtlosen Keller vorbei ins Netz.
Es war keine überragende Partie der Bremer: Zurecht monierte Fabian Ernst, der mit Abstand bester Mann auf dem Platze war, man habe „versäumt den Sack rechtzeitig zuzumachen.“ Das wäre mehr als einmal möglich gewesen – und nicht alle Chancen vereitelte der Schiedsrichter. Umgekehrt hatten die Gladbacher, abgesehen von einer druckvollen Anfangsphase wenig zu bieten. „Nach dem 1:0 hat nur noch eine Mannschaft gut gespielt“, so der Erfolgs-Coach Dick Advocaat – und es war klar, dass er das eigene Team damit nicht gemeint haben konnte.
Das nämlich hatte nach dem Führungstreffer völlig aufgegeben. Kein Torschuss in der Zweiten Halbzeit, selten auch nur der Ansatz zu einem Konter: Elf Gäule auf dem Weg zum Abdecker hinterlassen wahrscheinlich einen temperamentvolleren Eindruck als diese Fohlen-Elf im Weserstadion.